Texte

P. Winfried M. Wermter C.O. - Eucharistie-Heft

Die Eucharistie ist „Quelle und Gipfel“ des christlichen Lebens. Das wird seit dem II. Vatikanischen Konzil immer wieder betont. Und dennoch sehen wir in der kirchlichen Praxis eine gewisse Ratlosig-keit. Vielerorts bemüht man sich, die Gläubigen beim Gottesdienst in die verschiedenen Dienste einzuspannen („integrieren“).


GEWIDMET

 DEM BISCHOF VON REGENSBURG

 DR.  RUDOLF  VODERHOLZER

 ZU SEINER WEIHE UND ZUM AMTSANTRITT

AM 26. JANUAR 2013

 

VON DEN ORATORIANERN DES HL. PHILIPP NERI

IN AUFHAUSEN

 UND DER GESAMTEN GEISTLICHEN FAMILIE

VOM HEILIGEN BLUT

  

AUF DASS DIE EUCHARISTIE

 DIE QUELLE DES VOLKES GOTTES

 UNS ALLE IMMER MEHR NÄHREN MÖGE

AUF DEM WEG ZUM GIPFEL

ZU CHRISTUS

 DER HOFFNUNG DER HERRLICHKEIT

Vorwort

Die Eucharistie ist „Quelle und Gipfel“ des christlichen Lebens. Das wird seit dem II. Vatikanischen Konzil immer wieder betont. Und dennoch sehen wir in der kirchlichen Praxis eine gewisse Ratlosig-keit. Vielerorts bemüht man sich, die Gläubigen beim Gottesdienst in die verschiedenen Dienste einzuspannen („integrieren“). Das kommt gut an, aber wenn dann die betreffenden Ministranten, Lek-toren, Kantoren… nicht „dran sind“, dann fehlen sie allzu oft ganz. Man macht sich auch keinerlei Gewissen daraus, wenn man Sonn- und Feiertags gar nicht mehr an der Eucharistiefeier teilnimmt. Es genügt oft eine kleine Unbequemlichkeit oder Unlust, um sich selber zu dispensieren…

Was stimmt da nicht? Wie lange kann kirchliches Leben so unter-ernährt weiter existieren? Viele sprechen zwar von der „aktiven Anteilnahme“ an der Eucharistie. Das war und ist ja eines der großen Anliegen der Liturgiereform („actuosa participatio“). Was aber versteht man unter dieser „Aktivität“? Wird denn diese Teilnahme auch genügend tief aus dem Glauben heraus gesehen und aktiviert?

Um in dieser Situation Abhilfe zu schaffen, ist das hier vorliegen-de Heft entstanden. Es geht darum, alle Gläubigen ganz praktisch einzuladen, die Eucharistiefeier nicht nur besser zu verstehen; noch mehr möchten diese Gedanken und Gebete dazu anregen, aus dieser Quelle zu leben. Es kommt also darauf an, die Feier mit dem Leben im Alltag zusammen zu bringen. Beides soll sich gegenseitig durchdringen und befruchten. So kann die Eucharistiefeier tatsächlich wieder zum Mittelpunkt für die Jünger Jesu werden.

Möge dieses Heft auch eine kleine Hilfe werden bei den Vorbe-reitungen auf den Nationalen Eucharistischen Kongress, der vom 5. bis 9. Juni in Köln gefeiert wird.

Aufhausen, am Fest der heiligen Dreikönige 2013

P. Winfried M. Wermter C.O.

1. Teil - VON DER AKTIVEN TEILNAHME AN DER EUCHARISTIEFEIER

Durch das aktive Mitfeiern bei der Heiligen Messe will uns Jesus umwandeln – unser ganzes Leben: Wir dürfen schon auf dieser Erde seine Freunde sein, bzw. werden. Darum wollen wir ihm nicht mehr Kummer bereiten, sondern Freude schenken, ja ihn zu trösten versuchen. Die Mitfeier bei der Heiligen Messe ist dafür eine gute Gelegenheit. Aber es gilt, dabei einige Bedingungen zu beachten, die wir hier näher untersuchen wollen. Um die Eucharistiefeier besser zu verstehen, wollen wir ihren Verlauf in eine Folge von sechs Etappen gliedern. So werden die wichtigsten Themen, Aufgaben und Chancen deutlicher. Nicht nur der Priester und die Altardiener, die Lektoren und Kantoren… haben eine aktive Rolle zu spielen. Jeder Teilnehmer soll seinen Teil dazu beitragen, dass die Heilige Messe jene Früchte bringen kann, die Gott uns durch diese Feier schenken will. Wir alle wollen und sollen aktiv mitfeiern. Die Eucharistiefeier ist ja kein Konzert oder Theater und will auch kein Unterhaltungs-Programm sein. Wenn man ins Kino geht, bezahlt man für den Eintritt und erwartet dafür zurecht ein interessantes Programm. Da kann und darf man sich mehr oder weniger „berie-seln“ lassen. Bei einem Gottesdienst ist das anders. Da muss (oder sollte!) jeder seinen aktiven Beitrag leisten. Und das bedeutet mehr als das Mitsingen, Mitbeten, die Orgel zu spielen oder eine Fürbitte vorzutragen – wenn das auch gute, hilfreiche, ja geschätzte Dienste sind. In den kommenden sechs Kapiteln soll gezeigt werden, wie jeder in der Kirche sich aktiv an dem beteiligen kann, was auf dem Altar geschieht. Wenn wir nicht nur (mehr oder weniger gelangweilte) Zuschauer bei der Eucharistie-Feier sein wollen, dann ist das Wichtigste, dass wir in unserem Herzen jene sechs Schritte machen, die hier näher aufgezeigt werden sollen.

1. DIE EINTRITTSKARTE ZUR ECHTEN TEILNAHME AN DER EUCHARISTIEFEIER:

Es genügt nicht, vor der Kirche
die Schuhe abzustreifen,
oder ein wenig Weihwasser zu nehmen,
um sich im Gewissen zu reinigen
und dann würdig an der Eucharistiefeier
teilzunehmen.
Das alles ist gut und schön,
aber die „Eintrittskarte“ für die Eucharistie
gibt es nur zum Preis der Versöhnung.
Wenigstens der ernsthafte Versuch ist notwendig:
Das Verzeihen ohne Bedingungen,
das Suchen nach dem Abbau von Barrieren…

Es heißt doch allzu deutlich im Evangelium:
Wenn du deine Gabe zum Altar bringst
und dir dabei einfällt,
dass dein Bruder etwas gegen dich hat,
so lass deine Gabe vor dem Altar liegen;
geh und versöhne dich zuerst
mit deinem Bruder, dann komm
und opfere deine Gabe! (Mt 5,23-24)

Versöhnung als Vorbedingung

In der Regel beginnt jede Eucharistiefeier mit einem Bußakt, der aber auf verschiedene Art gestaltet werden kann. Es geht um das Bekenntnis zur eigenen Schwachheit und Sünde und mündet in die Bitte um das Erbarmen Gottes (Kyrie…). Das ist älteste Tradition in der Kirche. Um die Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert entstand die „Didache“, in der das Wichtigste der Lehre der zwölf Apostel zusammengefasst wird. In diesem wichtigen Buch heißt es z.B.: „Am Tage des Herrn ver¬sam¬melt euch! Bre¬chet Brot und saget Dank, nach¬dem ihr zuvor eure Sün¬den bekannt habt, damit euer Opfer rein sei. Kei¬ner, der mit sei¬nem Nächs¬ten einen Streit hat, soll mit euch zusam-men¬kom¬men, bis sie sich ver¬söhnt haben, damit euer Opfer nicht ent-weiht werde“.
Wir müssen schon zugeben, dass wir doch so manches Mal als „Schwarzfahrer“ in die Kirche gehen. Sicherlich können wir die Versöhnung mit unseren Mitmenschen nicht erzwingen, denn auch das Gelingen von ehrlichen Versuchen zur Versöhnung hängt ja auch noch zu 50% von der Bereitschaft des Anderen ab. Aber eines ist immer möglich: Wir können unseren Teil tun, indem wir verzei-hen. Jesus hat am Kreuz doch auch jenen verziehen, die ihn angenagelt haben, und er hat für sie gebetet: Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun (Lk 23,34)! Die bedingungslose Vergebung ist das, was wir immer – mit der Gnade Gottes! – leisten können und müssen, wenn wir wirklich am Opfer Christi teilnehmen wollen. Ohne das ehrliche, geduldige und andauernde Bemühen um echte Versöhnung, bleibt die Fruchtbarkeit der Eucharistie sehr eingeschränkt. Umgekehrt ermöglichen die ehrliche Vergebung, und die klugen Bemühungen um Gelegenheiten zur Versöhnung, spürbare innere Heilung. Auch wenn es noch nicht gelungen ist, dem Gegner die Hand zu reichen, so schenkt doch die volle Vergebung im Namen Jesu einen großen inneren Frieden und auch die Freiheit, die uns bereit und fähig machen, die heilende Gnade Gottes zu empfangen. Aber ohne die Bereitschaft und Demut zur bedingungslosen Vergebung bauen wir selber einen inneren Wall auf, der uns noch kränker macht. Jesus aber will uns innerlich heilen, was auch zur Heilung des ganzen Menschen wesentlich beiträgt.

2. HÖREN, UM ZU HANDELN

Es wird in der Kirche viel geredet,
gelesen, gesungen…
Man kann und braucht nicht jedes Wort bewusst
aufzunehmen und zu bedenken.
Aber wer bereit ist,
nicht nur zu hören,
sondern auch zu handeln,
wer sucht,
was Gott ihm an diesem Tag
durch die Texte der Liturgie
und deren Auslegung
persönlich sagen will,
der baut das Haus seines Lebens
nicht nur auf Felsen (vgl. Mt 7,24):
Er wird immer mehr zu einem neuen Menschen,
zu einem Jünger Jesu, zu einem echten Christen…

Das ist das Entscheidende
beim Wortgottesdienst:
Nicht nur verstehen,
sondern auch bereit sein zu tun!
Denn die Geheimnisse des Reiches Gottes
gehen einem gewöhnlich erst dann auf,
wenn man sie „tut“!
Darum sind die entscheidenden Fragen,
die wir uns im Herzen stellen sollten:
„Was will Jesus mir heute sagen?
Was soll ich bei mir selber ändern?
Wofür darf ich besonders danken?
Was lädt mich ein, Fürbitte zu halten,
und Gott mit neuem Vertrauen
und mit Lobpreis zu beschenken…?“

Suche nach dem Willen Gottes

Es gibt viele verschiedene Gründe, die die Leute in die Kirche be-wegen. Die einen gehen aus Gewohnheit, andere aus Neugierde, wieder andere suchen etwas zur Aufhellung von Stimmung und Gemüt… Meistens geht es um die Befriedigung eigener Bedürfnisse oder Erwartungen. Dabei vergisst man nur allzu leicht, dass die Heilige Messe ein Gottesdienst sein soll. Darum muss man sich im-mer wieder einmal die Frage stellen, was denn Gott wirklich dient, was ER erwartet, was IHM gefällt… Wenn wir in ein Geschäft gehen oder eine Veranstaltung zur Unterhaltung mitmachen, dann ist gewöhnlich das Wichtigste, dass es uns gefällt, also uns dient. Beim Gottes-Dienst geht es in erster Linie darum, Gott einen Gefallen zu tun, IHM eine Freude zu bereiten. Darum danken wir vor allem. „Eucharistie“ bedeutet auch so viel wie „Danksagung“. Darüber hinaus geht es um Lobpreis: Wir erkennen Gottes Größe an und verneigen uns vor seiner allmächtigen Barmherzigkeit und Güte. Eine besondere Freude ist es auch für Gott, wenn wir auf ihn hören. Das ist ähnlich wie bei Eltern, die darüber glücklich sind, wenn die Kinder sich auch etwas sagen lassen und ihre Bemühungen um eine gute Erziehung gerne annehmen.
Gott ist der beste aller Väter und Erzieher. Er schenkt den Men-schen die Freiheit und sendet gleichzeitig Propheten und Hirten, die in seinem Namen den rechten Weg weisen. So sind auch die Texte und Lieder der Bibel entstanden, die im Wortgottesdienst die wich-tigste Rolle spielen. Sie sind das Licht, das uns den Weg zu Gott zeigt. Die bestellten Verkünder der Frohbotschaft erklären die Bedeutung des überlieferten Wortes Gottes im Hinblick auf die jetzige Zeit und die aktuellen Nöte von Kirche und Menschheit. Es geht also in der Liturgie nicht um persönliche Meinungen oder fachliche Diskussionen, nicht um rhetorische Glanzstücke oder künstlerische Leckerbissen. Worauf es vor allem ankommt, das ist die Verkündigung des Willens Gottes heute.
Umgekehrt dürfen sich auch die mitfeiernden Gläubigen nicht ablenken lassen durch Äußerlichkeiten wie Mode oder das mehr oder weniger passende Verhalten der anderen. Der junge Samuel, der im Tempel eine besondere übernatürliche Erfahrung machte, öffnete sich ganz für Gott, indem er rief: Rede, Herr, dein Diener hört (1 Sam 3,10). Dieses Wort ist auch heute noch aktuell für jeden, der ernsthaft und tief am Wortgottesdienst teilnehmen möchte. Denn es geht vor allem darum, das zu erfahren, was Gott heute von uns erwartet. Wichtiger als alle inneren Gefühle und Stimmungen, Schwierigkeiten oder Wünsche ist der Wille Gottes. Worin besteht aber der Wille Gottes? Der Evangelist Johannes bezeugt es sehr klar: Der Wille Gottes und die Liebe Gottes sind identisch: Bleibt in meiner Liebe! Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe (Joh 15,9b-10).
Weil wir also im Wortgottesdienst vor allem auf den Willen Got-tes achten wollen, können folgende stille Fragen im Herzen eine Hilfesein: „Jesus, was möchtest mir du heute durch dieses Gebet, dieses Evangelium, diese Lesung, dieses Lied, diese Predigt… sagen. Was soll, was darf ich im Herzen bewahren, mit nach Hause nehmen. Was soll ich in meinem Leben ändern. Was gefällt dir bes-ser…?“ Entscheidend ist die Bereitschaft, nicht nur mehr oder weni-ger kritisch zuzuhören, sondern wirklich etwas im eigenen Leben zu ändern. Im Hinblick auf andere sind wir schneller bereit, Ände-rungen vorzuschlagen oder zu fordern. Aber zunächst sind wir selber gefragt. Jesus erwartet nicht nur Interesse seiner Botschaft gegenüber, sondern auch die Bereitschaft, danach zu handeln: Wer diese meine Worte hört und danach handelt, ist wie ein kluger Mann, der sein Haus auf Fels baute. Als nun ein Wolkenbruch kam und die Wasser-massen heranfluteten, als die Stürme tobten und an dem Haus rüttelten, da stürzte es nicht ein; denn es war auf Fels gebaut. Wer aber meine Worte hört und nicht danach handelt, ist wie ein unvernünftiger Mann, der sein Haus auf Sand baute. Als nun ein Wolkenbruch kam und die Wassermassen heranfluteten, als die Stürme tobten und an dem Haus rüttelten, da stürzte es ein und wurde völlig zerstört (Mt 7,24-27).
Damit das Wort Gottes in uns und um uns herum voll seine heilsame Wirkung entfalten kann, sei noch darauf aufmerksam gemacht, dass das Wort der Bibel in besonderer Weise eine Ge-genwart Gottes schenkt. Durch die Inspiration ist hier eine beson-dere Gegenwart des Heiligen Geistes gegeben. Er hat ja bei der Entstehung der Heiligen Bücher Feder geführt und den menschli-chen Autoren die ewigen Wahrheiten eingehaucht (inspiriert). Das erfordert von uns eine tiefe Ehrfurcht. Man sollte eine Bibel nicht einfach so herumliegen lassen wie andere Bücher. Ihr gebührt der Ehrenplatz in der Wohnung. Bei feierlichen Gottesdiensten wird darum auch vor dem Verlesen des Evangeliums das Evangelien-buch mit Weihrauch verehrt, was auf die Gegenwart Gottes hin-weist. Der hl. Augustinus verlangte auch in einer Predigt, dass die Gläubigen das Wort Gottes mit Sorgfalt behandeln sollen. Wie sie beim Empfang der Hl. Kommunion aus Ehrfurcht darauf achten, dass kein Krümel des verwandelten Brotes auf den Boden fällt, so sollen sie sich auch mühen, kein heiliges Wort Gottes zu verlieren. (Vielmehr sollen sie mit Ehrfurcht zuhören und die Worte wie Ma-ria im Herzen bewahren.)

3. GABENBEREITUNG

Wer einen Besuch macht,
wer an einem Fest teilnimmt,
der will gewöhnlich nicht
mit leeren Händen dastehen.
Man gibt, was man hat,
man zeigt wenigstens seinen guten Willen,
wenn es zu mehr nicht reicht.
So bringen wir auch zur Heiligen Messe
was wir besitzen – das Gute,
das wir getan haben.
Auch ein Verzicht
kann eine wertvolle Gabe sein,
das Bemühen um Selbstbeherrschung,
das Ringen um Ehrlichkeit,
um Versöhnung, um Einheit…

Was aber, wenn die Hände leer sind?
Sollte man da nicht lieber zuhause bleiben?
Nein! Denn auch unsere Armut
- ob materiell oder geistlich -
kann eine wertvolle Gabe sein,
wenn sie der Ausdruck
einer neuen Gesinnung wird:

Schlachtopfer willst du nicht,
ich würde sie dir geben;
an Brandopfern hast du kein Gefallen.
Das Opfer, das Gott gefällt,
ist ein zerknirschter Geist,
ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz
wirst du, Gott, nicht verschmähen (Ps 51,18-19).

Wie kostbar
können doch auch leere Hände sein!

Etwas mitbringen

Was können wir mitbringen, wenn wir in die Kirche zur Heiligen Messe gehen? Die Gabe für die Kollekte sollte nicht allzu symbolisch klein sein, besonders wenn es um Hilfe für Notleidende geht. Aber das ist nicht das Wichtigste. Man kann sich nicht von Gott mit einer Spende „freikaufen“. Wenn Gott uns einlädt, an seinem Leben freundschaftlich teilzunehmen, wenn er in der Heiligen Kommuni-on sich uns selber schenken will, dann ist jede irdische Gabe zu klein. Alles, was wir zu besitzen meinen, gehört ja sowieso Gott. Er hat es geschaffen. Wir dürfen die Dinge, die wir zum Leben brau-chen eine Zeit lang mitbenutzen. Aber wir sind nur Verwalter unse-rer irdischen Güter! Das Einzige, was wir wirklich besitzen, ist un-sere Freiheit: Wir sind mit der Gabe ausgestattet, „ja“ oder auch „nein“ zu sagen. Wir selber entscheiden – wenigstens bis zu einem gewissen Grade – wem wir vertrauen wollen, mit wem wir Freund-schaft schließen… Das ist unser unschätzbarer Reichtum! Das kön-nen wir verschenken. Das können wir in die Heilige Messe mitneh-men. Das ist nicht zu gering, so dass wir es sogar Gott anbieten dür-fen, ohne uns genieren zu müssen.
Keiner ist so arm, dass er mit leeren Händen kommen müsste. Wir können doch unsere gewöhnliche Arbeit zum Geschenk, zu einer würdigen Opfergabe machen, indem wir mit Liebe arbeiten – also für Jesus! Wir können für IHN jemandem helfen, jemandem verzeihen, den Zorn herunterschlucken, damit es nicht zum Streit kommt. Jedes Lächeln, jede Minute Zeit, die wir jemandem schen-ken, kann eine Gabe für Jesus sein. Wer sich bemüht, alles was er tut oder lässt, Gebet, Arbeit, Erholung, Freizeit… im Willen Gottes zu tun, der kann auf diese Weise sich selber ganz und gar zum Ge-schenk für Gott machen. Und um diese Geschenke geht es vor allem bei der Gabenbereitung. Während die Ministranten die symboli-schen Opfergaben zum Altar bringen, sind wir eingeladen, unsere persönlichen Geschenke für Jesus mit auf den Altar zu legen. Wer sich Gott ganz schenkt, der kann IHN auch ganz empfangen…
Es ist sehr hilfreich, wenn man schon vor der Heiligen Messe – daheim oder auf dem Weg zur Kirche – überlegt, was man dieses Mal Jesus schenken will. Es liegt ein großer Segen darauf, wenn man diese geistlichen Gaben für jemanden „aufopfert“ – sei es für Lebende oder auch für Verstorbene. Aufopfern bedeutet in diesem Fall, dass man an das Geschenk für Jesus noch eine Bitte anfügt zu Gunsten jener, für die man diese Heilige Messe besonders mitfeiert. Auch dieses Mitsorgen und Helfen für andere in Not ist für Jesus eine Freude. Denn er sieht dadurch, wie wir in der Liebe wachsen.
Wenn nun jemand meint, er habe nichts, was er dem Herr-Gott schenken könnte, der kann dennoch seine „leeren Hände“ zur Opfergabe, also zum Geschenk für Jesus, machen. Das bedeutet dann, dass man nun bereit ist, sein Leben zu ändern und mehr aus dem Glauben zu leben. Und das ist ein ganz kostbares Geschenk!

4. ABENDMAHL UND GOLGOTA

Jesus hat beim Abendmahl
den traditionellen Lobpreis der Pascha-Liturgie
gesprochen (vgl. Mt 26,26).
Dann reichte er den Jüngern das Brot und den Kelch:
Das ist mein Leib, das ist mein Blut…
In der Heiligen Messe nennen wir diesen Lobpreis
„Hochgebet“,
Weil es das wichtigste und wertvollste Gebet ist,
das wir zusammen mit Jesus
dem Vater im Himmel darbringen können.
Und wir nennen dieses Gebet auch „Wandlung“,
weil die Worte Jesu das bewirken,
was sie sagen:
Brot wird geheimnisvoll zum Leib Christi
Und Wein zu seinem Blut.
Das, was damals beim Abendmahl geschah,
wird jetzt auf dem Altar gegenwärtig:
Der glaubende und getaufte Christ
kann bei der Eucharistiefeier
die Wandlung von Brot und Wein
in den Leib und das Blut Christi mit-erleben,
in dem er sich eins-macht
mit dem Erlösungsopfer Christi.

Das Opfer Christi wäre als Sühne
genug gewesen für die Sünden der ganzen Welt.
Aber Gott wollte,
dass wir als Brüder und Schwestern Jesu
teilnehmen am Werk der Erlösung,
um so auch die Herrlichkeit
des Sohnes Gottes mit-zu-erben.

Unsere Hingabe,
das Geschenk aller kleinen und großen
Opfer unseres Alltags… ,
wird eins mit dem Blute Christi –
so wie der kleine Tropfen Wasser
bei der Gabenbereitung
mit dem Wein im Kelch eins wird.

Welch glückliche Berufung :
Wir können, dürfen, ja sollen
Jesus, dem Erlöser, helfen –
bei jeder Heiligen Messe von neuem… !
Angesichts des Erbarmens Gottes
ermahne ich euch, meine Brüder,
euch selbst als lebendiges
und heiliges Opfer darzubringen,
das Gott gefällt;
das ist für euch der wahre
und angemessene Gottesdienst:
Gleicht euch nicht dieser Welt an,
sondern wandelt euch
und erneuert euer Denken,
damit ihr prüfen und erkennen könnt,
was der Wille Gottes ist:
was ihm gefällt,
was gut und vollkommen ist (Röm 12,1-2).

Wandlung

In der Heiligen Messe soll nicht nur auf dem Altar eine Wandlung geschehen, indem der Priester, an Stelle Christi, das Hochgebet spricht und so der Herr geheimnisvoll in Gestalt von Brot und Wein gegenwärtig wird. Gleichzeitig mit den Gaben sollen sich auch unsere Herzen ver¬wandeln und zu dem einen Leib Christi werden. Dazu sind wir schon in der Taufe berufen. In ihr wurden wir bereits «Glieder des Leibes Chri¬sti». In der Liebesgemeinschaft der Eucharistiefeier soll diese Berufung vollendet werden. Weil wir schon in der Taufe mit Christus eins ge¬worden sind, dürfen wir zusammen mit dem Prie¬ster sprechen: «Das ist mein Leib… das ist mein Blut… Wenn wir das alle gleichzeitig tun, werden wir auch untereinander in Christus eins — so wie die verschiedenen Glieder eines Leibes. Die Liebe zu Christus verbindet uns un¬tereinander.
Das soll nicht nur während der Heiligen Messe geschehen, son-dern den ganzen Tag über. Und wenn wir uns dann auch wirklich so behandeln, wie die verschiedenen Glieder eines Leibes (beim Helfen, Schonen, Schützen… dann spüren wir auch sehr praktisch, wie durch die Messe sich wirklich etwas in unserem Leben verändert — verwandelt.
Wir gewinnen nicht nur eine neue Beziehung zu den Brüdern und Schwestern, die mit uns die Eucharistie gefeiert haben. Durch das Blut Christi haben wir auch eine Verbindung mit allem Leid und aller Sünde in der Welt. Denn dafür hat ja Christus am Kreuz sein Blut vergossen, und es ist gegenwärtig in jeder Traurigkeit, Einsamkeit, im Versagen und Misserfolg… Wenn ich nun nicht nur beim Messopfer zum Blute Christi auf dem Altar sage: «Das ist mein Blut!», sondern auch den ganzen Tag über, wenn mir etwas Leidvolles oder Sündhaftes begegnet, dann gewinne ich eine neue Einheit mit der ganzen Welt. Die Liebe und Einheit mit Christus macht mich dazu fähig. Durch die Heilige Messe werde ich nicht nur in das Opfer Christi von vor 2000 Jahren hinein¬genommen, sondern ich bin auch berufen, seine Liebe, die sich am Kreuz gezeigt hat, in die Welt von heute hineinzutragen…

5. DAS MAHL UNTER FREUNDEN

Nichts bringt uns dem Herzen Jesu so nahe,
wie die volle Teilnahme
am Heiligen Messopfer.
Mit dem Brot und dem Wein auf dem Altar
werden auch unsere Herzen verwandelt,
unser Leben, unser Leiden, unsere Liebe…
Wir werden noch mehr zu Jüngern Jesu
und empfangen von neuem,
was der Schöpfer schon von Anfang an
den Menschen geschenkt hatte:
Die Freundschaft mit Gott.
Es gibt keine größere Liebe,
als wenn einer sein Leben
für seine Freunde hingibt.
Ihr seid meine Freunde,
wenn ihr tut,
was ich euch auftrage.
Ich nenne euch nicht mehr Knechte;
denn der Knecht weiß nicht,
was sein Herr tut.
Vielmehr habe ich euch Freunde genannt;
denn ich habe euch alles mitgeteilt,
was ich von meinem Vater gehört habe (Joh 15,13-15).

Diese Freundschaft soll jetzt gefeiert werden!
Jesus selbst hat für Essen und Trinken gesorgt:
Er kann und will uns sich selber schenken,
weil wir uns IHM anvertraut haben.
Er will in unseren Herzen
Trost und Ruhe finden,
einen Abglanz des Himmels.
Darum lädt er uns ein,
an seinem Herzen auszuruhen.
An dieser Quelle lässt er uns von neuem aus der göttlichen Liebe schöpfen:
„Kommt alle zu mir,
die ihr euch plagt und
schwere Lasten zu tragen habt.
Ich werde euch Ruhe verschaffen“ (Mt 11,28)!

Kommunion

«Kommunion» heißt auf Deutsch: Gemeinschaft. Gott selber ist die vollkommenste Gemeinschaft von Vater, Sohn und Heiligem Geist. Weil Gott die Liebe ist, ist er auch Gemeinschaft: das gegenseitige sich Beschenken, die vollkom¬menste Freundschaft. Der Himmel besteht darin, dass wir, wenn wir die Liebe Gottes annehmen, einmal an dieser Freundschaft Gottes teilnehmen dürfen. Die Kommunion ist ein Abbild davon und gleichzeitig schon ein Beginn: Christus schenkt nicht irgendetwas, sondern sich selbst. Er macht sich unendlich klein, um uns auf die göttliche Ebene zu heben. Er macht uns stär¬ker in der Liebe (wenn wir es zulassen!), damit wir immer echter Kinder des Vaters im Himmel sind. Und diese Liebe zum Vater gibt uns eine neuere und stärkere Liebe für alle Kinder des Vaters, die wir so als Brüder und Schwestern er¬kennen und annehmen. Das zeigen wir durch das gemeinsame Mahl der Kommunion. Wir können Gott nur gefallen, wenn wir uns als Geschwister wirklich annehmen und lieben und so das Neue Gebot, das Gebot Christi erfüllen: «Liebet ein¬ander, wie ich euch geliebt habe!» (Joh 13,34)

Wer sein Leben durch die echte Teilnahme am Bußakt, durch den Wortgottesdienst und durch die Gabenbereitung erneuert hat, wer sich durch die Teilnahme am Opfer Christi (Hochgebet, Wandlung) selbst zu einer Gabe für Gott verwandeln lässt, der gehört zu den wahren Freunden Jesu Christi. Das bedeutet „Kommunion“: Jesus liebt seine Freunde so sehr, dass er ganz eins sein will mit ihnen. Er macht sich zu einer Speise und verbirgt sich unter den Gestalten von Brot und Wein, damit wir ihn essen und trinken können. Wenn wir zur Heiligen Kommunion gehen, dann kommt Jesus in uns hinein – in unser „Herz“. Gleichzeitig nimmt er uns in seine göttliche Liebe auf – in sein Herz. Die Heilige Kommunion ist ein Fest unter Freunden. Sie stärkt die Einheit mit Jesus und mit allen Freunden Gottes.

6. FRIEDEN BRINGEN

Das Ausruhen am Herzen Jesu
hat nicht lange gedauert.
Ach wie gut, wenn es in der Anbetung
vor dem Allerheiligsten,
im Laufe des Tages (oder der Nacht!)
noch fortgesetzt und vertieft werden kann!
Jetzt aber ist die Zeit gekommen,
dass jeder an seine Arbeit geht,
in seinen Weinberg,
auf seine Missionsstation…
Schließlich hat der Auferstandene
sehr deutlich gesprochen:
Wie mich der Vater gesandt hat,
so sende ich euch (Joh 20,21)!
Nicht ihr habt mich erwählt,
sondern ich habe euch erwählt
und dazu bestimmt,
dass ihr euch aufmacht
und Frucht bringt,
und dass eure Frucht bleibt.
Dann wird euch der Vater alles geben,
um was ihr in meinem Namen bittet.
Dies trage ich euch auf:
Liebt einander! (Joh 15,16-17)

Dürfen wir da noch zögern?
Wollen wir es bequemer haben
als Jesus selbst?
Jetzt kommt es darauf an,
dass wir nicht nur würdig Eucharistie feiern,
sondern Eucharistie „werden“:
Zum Brot, das sich verzehren lässt,
zum Wein, der sühnt und Leben spendet…!
Jetzt sprechen wir zusammen mit dem Meister:
„Kommt alle zu mir… ich werde euch Ruhe verschaffen“…!

Wie gut nur,
dass wir bald wieder
an einer Heiligen Messe teilnehmen können,
oder dass wir wenigstens durch
die „geistige Kommunion“
und eins-machen können
mit jener Eucharistiefeier,
die gerade in diesem Augenblick
irgendwo auf der Welt gefeiert wird.

Wie sonst könnten wir denn durchhalten
und zusammen mit Jesus
lieben ohne Ende?!

Wer seine Freundschaft mit Jesus durch die aktive Teilnahme an der Heiligen Messe erneuert und gestärkt hat, will Jesus dabei helfen, soweit wie nur möglich alle Menschen in den Himmel zu führen. Sie sollen die Liebe Gottes erkennen und erfahren – und so zu Freunden Jesu werden – auch durch mich. Das bedeutet, den Frieden zu bringen, in die Welt hinein zu tragen. Wer die Heilige Kommunion gut empfängt, der ist bereit, alle Menschen zu lieben, auch die Schwierigen, ja sogar die „Feinde“ (Lk 6,35). Wer ein Freund Jesu geworden ist, will zusammen mit Jesus auch an dessen Mission in der Welt teilnehmen. Wer zusammen mit Jesus die Menschen liebt, bekommt immer mehr Hunger nach der Heiligen Kommunion. Er freut sich, wenn er möglichst oft den verborgenen Jesus empfangen kann (sogar Werktags, wenn es möglich ist).

2. Teil - TEXTE ZUR VERTIEFUNG (A)

1. WARUM FEIERN WIR ÜBERHAUPT „EUCHARISTIE“?

Wir können uns gar nicht vorstellen, wie sehr uns Jesus liebt. Aus Liebe hat uns Gott erschaffen. Aus Liebe hat er uns seine Freund-schaft geschenkt – schon im Paradies.
Aus Liebe hat er den Menschen verziehen, als sie die Freundschaft mit Gott verrieten: Jesus, der Gottessohn, wurde ein Mensch und hat sich für uns kreuzigen lassen und damit für die Sünden aller Menschen gleichsam „bezahlt“. Wir können wieder Freunde Gottes werden – wenn wir nur wollen. Nach seinem Leben auf der Erde wollte Jesus aber zunächst zurück zum Vater im Himmel. Er hatte 33 Jahre lang großes Heimweh nach seinem wahren Zuhause. Gleichzeitig wollte er aber auch bei uns Menschen bleiben – so sehr liebte er uns. Darum hat uns Jesus vor seinem Tod die Eucharistie geschenkt. Nach dem alten jüdischen Brauch feierte er zusammen mit den Aposteln das traditionelle Pascha-Mahl, das an die Befreiung aus der Knechtschaft Ägyptens erinnerte (Ex 12-13). Dann aber geschah etwas Neues (Lk 22,7-20):
Jesus nahm Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und reichte es ihnen mit den Worten: DAS IST MEIN LEIB, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: Dieser Kelch ist der Neue Bund IN MEINEM BLUT, das für euch vergossen wird (Lk 22,19-20). So wurde aus dem Pascha-Mahl die Feier der Eucharistie, oder die „Heilige Messe“. Beim jüdischen Pascha-Mahl in Ägypten wurde das Pascha-Lamm geopfert zur Befreiung der Israeliten aus der Knechtschaft der Ägypter. Beim Abendmahl des Neuen Bundes opfert sich Jesus selbst, zur Befreiung aller Menschen aus der Knechtschaft der Sünde. Was beim Abendmahl am Gründonnerstag unter den heiligen Zeichen von Brot und Wein geschah, wurde dann am Karfreitag blutige Wirklichkeit: Jesus wurde wie das Pascha-Lamm gleichsam „geschlachtet“ – er selbst opferte sich zur Befreiung der Sünder auf. Darum nennt man Jesus auch das „Lamm Gottes“.
Jesus trug den Aposteln auf: Tut dies zu meinem Gedächtnis! Er wollte, dass die Apostel, und alle Priester in Einheit mit IHM, auch Eucharistie feiern. So wie beim Pascha-Mahl ist dabei nicht nur eine „Erinnerung“ gemeint, nicht nur ein Daran-Denken, sondern es geht um eine Vergegenwärtigung. So haben es die Apostel verstanden und weitergegeben. Wenn also ein Priester die Heilige Messe feiert, wird auf dem Altar sowohl das Abendmahl, wie auch das Kreuzesopfer und die Auferstehung gegenwärtig (Joh 19,17-30; Mk 16,1-8). So können wir alle dabei sein – ähnlich wie die Apostel und die ersten Jünger – jedes Mal, wenn wir an der Eucharistie-Feier teilnehmen. Der Heilige Vater, Papst Benedikt XVI., fasst diese Wahrheit mit folgenden Worten zusammen:
Die Eucharistie, von deren Einsetzung das vorhin verkündete Evange-lium spricht (vgl. Lk 22,14-20), ist der tatsächliche Ausdruck dieser bedingungslosen Hingabe Jesu für alle, auch für jene, die ihn verrieten. Hingabe seines Leibes und Blutes für das Leben der Menschen und zur Vergebung ihrer Sünden. Das Blut, Zeichen des Lebens, wurde uns von Gott zum Bund gegeben, damit wir dort, wo wegen unserer Sünde der Tod herrscht, die Kraft des Lebens einsetzen und so die Sünde zerstören können. Der gebrochene Leib und das vergossene Blut Christi, das heißt seine hingegebene Freiheit, wurden durch die eucharistischen Zeichen zur neuen Quelle der erlösten Freiheit der Menschen. In Ihm erhalten wir die Verheißung einer endgültigen Erlösung und die sichere Hoffnung auf die künftigen Güter. Durch Christus wissen wir, dass wir nicht auf dem Weg in den Abgrund, in das Schweigen des Nichts und des Todes sind, sondern Pilger unterwegs zu einem verheißenen Land, zu Ihm, der unser Ziel und auch unser Ursprung ist. (Madrid, 20. August 2011)

2. GÜTERGEMEINSCHAFT MIT GOTT

Man kennt zwar nicht seinen Namen, und doch ist jener Junge be-rühmt geworden, der mit seinen fünf Gerstenbroten und zwei Fi-schen Jesus half, die vielen Menschen in der Wüste satt zu machen (Joh 6,9). Nichts wird von ihm vorher, nichts mehr später berichtet. Aber man wird an ihn denken, solange das Wort Gottes lebendig ist. Dieses Kind hat nämlich die entscheidende Tat vollbracht, die ein Mensch überhaupt tun kann: es hat sein ganzes Hab und Gut dem Herrn zur Verfügung gestellt. Wann sind wohl seine Augen größer gewesen: als man dem nun auch hungrig und müde gewordenen Jungen allen Proviant weg¬nahm, oder als er das Wunder der Brot-Vermehrung miterleben durfte? — Eines konnten jeden¬falls alle lernen: Wer dem Herrn etwas überlässt, ist selbst der Beschenkte.
Die großartige Speisung der Vielen in der Wüste wird zum Vor-zeichen und Abbild für die Eucharistie: Gott nimmt unsere Armse-ligkeit an, um uns unendlich zu beschenken. Wenn wir das Wenige, was wir sind und haben, Gott überlassen, kann er uns mit dem Reichtum seiner Liebe überhäufen. Eine solche «Güterge-meinschaft» kann sich nur Gott «leisten». Darum geht es bei der Eucharistiefeier: Gott möchte so sehr für uns da sein, dass er sich im Opfer der Heiligen Messe von uns beschenken lässt, um gleichzeitig selbst das große Geschenk für den Menschen werden zu können. Eine wirklich göttliche Gü¬tergemeinschaft: Der Mensch gibt das «Nichts» seines Lebens, das Kümmerliche eigener Liebe, um im Leib und Blut des Herrn selber das Leben und die Liebe zu empfangen.

3. EINE MESSE – VIELE NAMEN

Mit der Heiligen Messe ist es wie mit einer gro¬ßen, tiefen Freund-schaft: Auch nach vielen Jah¬ren entdecken Menschen, die einander lieben, im¬mer noch neue Dinge aneinander. Wahre Liebe macht doch hellsichtig und erfinderisch zugleich! Das mag wohl der Grund sein, warum die Heilige Messe im Laufe der Jahrhunderte so viele Na¬men bekommen hat. Bezeichnungen, die die glei¬che Heilige Messe meinen, wenn sie auch verschie¬dene Einzelheiten besonders hervorheben. Kein einzelner Name kann allein die ganze Wahrheit umfassen. Jeder trägt aber etwas zur Erhellung bei. Darum seien hier die wichtigsten erläutert:

«Brotbrechen». Diesen Ausdruck für die Messe findet man bereits im Neuen Testament. Das Bre¬chen des Heiligen Brotes versinnbildlicht den Tod des Herrn. Aus dem Sterben Christi ist für die Kirche das neue Leben hervorgegangen.

«Abendmahl». Diese Bezeichnung erinnert be¬sonders stark an je-nes Einsetzungsmahl am Grün¬donnerstag. Aus der Tischgemein-schaft Jesu mit seinen Aposteln, die das Paschamahl des Alten Bun-des feierten, ist im Hinblick auf den Tod und die Auferstehung Christi das Ostermahl des Neuen Bundes geworden.

«Eucharistie» heißt zu Deutsch «Danksagung». Die Heilige Messe ist der stärkste Ausdruck des Dankes. Christus selbst macht sich vor dem Vater im Himmel zum Sprecher der Menschen. Erst sein liebender Gehorsam vermag dem Schöpfer den gebührenden Dank zu erweisen. Eucharistie feiern bedeutet darum, sich in den Dank und das Lob Christi an den Vater hineinnehmen zu lassen.

«Opfermahl» betont den Tod Jesu am Kreuz. Er wird in der Heiligen Messe geheimnisvoll (sakra¬mental) gegenwärtig. Wie wir bereits in der Taufe in den Tod Jesu «eingetaucht» sind, lässt uns die Messe dieses «Sterben für die Sünde» vollenden. In der Messe bringen wir uns selbst mit Christus dem Vater zum Opfer dar. Wir übergeben Gott unser Leben, sagen ja zu unserem eigenen Sterben und dem, was uns darauf vorbereitet.

«Altarssakrament» ist eine Bezeichnung, die das übernatürliche im Geschehen der Messe unter¬streicht. Was dort auf dem Altar voll-zogen wird, ist nicht nur eine Mahlgemeinschaft unter Men¬schen, sondern Christus selber ist die Opfergabe und der Priester. Er hat diese heilige Handlung gestiftet und wird in ihr gegenwärtig als der eigent¬liche Gastgeber, Vorsteher und Mittler zwischen Gott und den Menschen. Die Zeichen der Litur¬gie bewirken, was sie zum Ausdruck bringen, ver¬gegenwärtigen, was sie darstellen.

«Messe» kommt vom lateinischen Wort «mittere», zu Deutsch «senden». Messe bedeutet also Sendung. Damit wird unterstrichen, dass jede Eucharistiefeier eine Aufgabe enthält, eine Beziehung zum Leben, eine Verantwortung für die Umge¬bung. Was in der heiligen Handlung grundgelegt wurde, sucht seine Ausfaltung und Erfüllung im Gesamtablauf des Lebens. Die Messe will nicht nur «gefeiert», sondern auch «gelebt» werden, wie umgekehrt die Mühe und Plage, die Freude, Be¬währung und Liebe des Alltags die Opfergabe ist, die in das Messopfer mitgebracht werden will.

4. VERZEIHEN UND VERSÖHNEN

Verzeihen kann man sofort,
bevor noch der Andre bereit –
aber Versöhnung will Wahrheit,
will suchen und finden zu zweit…

Verzeihen kann man alleine,
wenn nur das Herz ist weit –
aber Versöhnung braucht Demut,
braucht Duldung und braucht Zeit…

Verzeihen kann man im Voraus
noch ehe das Unglück sich zeigt –
aber Versöhnung heilt Wunden,
schenkt Leben und Ewigkeit…

5. DREIMAL KOMMUNION

Kommunion Jesu Christi

Ist der Kelch des Segens, über den
wir den Segen sprechen,
nicht Teilhabe am Blut Christi?
Ist das Brot, das wir brechen,
nicht Teilhabe am Leib Christi?
Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib,
denn wir alle haben teil an dem einen Brot. (1 Kor 10,16-17)

Wir danken Dir, Herr Jesus,
für das zweifache Verbergen Deiner Größe:
Im Menschen verbargst Du Deine Gottheit
und unter den Gestalten von Brot und Wein
gibst Du uns zusätzlich Deine Menschheit –
die Seele und den Leib,
das Denken und das Fühlen,
Dein Herz und Dein Blut…

Wir danken
für die Eucharistie und den Tabernakel,
für die Einheit der Kirche und die Anbetung,
für die Nähe von Abendmahl und Golgota,
für den Vorgeschmack des Himmels
auf der Erde…

Kommunion des Heiligen Geistes

Dadurch ist das Wort der Propheten
für uns noch sicherer geworden,
und ihr tut gut daran, es zu beachten;
denn es ist ein Licht,
das an einem finsteren Ort scheint,
bis der Tag anbricht und der Morgenstern aufgeht
in eurem Herzen.
Bedenkt dabei vor allem dies:
Keine Weissagung der Schrift
darf eigenmächtig ausgelegt werden,
denn niemals wurde eine Weissagung
ausgesprochen,
weil ein Mensch es wollte,
sondern vom Heiligen Geist getrieben
haben Menschen im Auftrag Gottes geredet. (2 Petr 1,19-21)

Wir danken Dir, Geist Gottes,
für die Inspiration der Heiligen Schrift
und für das Mitwirken mit denen,
die uns das Alte und das Neue Testament
überliefert haben:
Dich empfängt, wer das Wort Gottes hört,
Dich nimmt in sein Herz auf,
wer das Wort der Bibel betrachtet,
mit Dir wirkt zusammen,
wer nach dem Bund lebt,
Dich schenkt weiter,
wer ein Zeugnis des Glaubens gibt…

Wir danken für das Licht, für die Wahrheit,
für die Gegenwart
im Tabernakel des Wortes Gottes…
Kommunion des Himmlischen Vaters

Und er stellte ein Kind in ihre Mitte,
nahm es in seine Arme und sagte zu ihnen:
Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt,
der nimmt mich auf, wer aber mich aufnimmt,
der nimmt nicht nur mich auf, sondern den,
der mich gesandt hat. (Mk 9,36-37)

Wir danken Dir, Abba-Vater,
für Deine Liebe zu allen Deinen Geschöpfen,
für Deine besondere Gegenwart
in den Kleinen, Verachteten, Leidenden…
Zusammen mit Deinem Sohn
empfangen wir Dich selbst,
indem wir die Kinder,
die Schwachen und die Hilflosen aufnehmen…

So groß ist Deine Liebe,
dass Du sie in den Kleinsten und Geringsten
offenbarst;
so beständig ist Deine Treue,
dass Du uns in den Verlassenen
am nächsten bist;
so edel ist Deine Demut,
dass Du Dich
am meisten in denen finden lässt,
die in den Augen der Welt
vernachlässigt oder ausgeschlossen sind…

Herr unser Gott, wir möchten uns
schon auf dieser Erde mit Dir vereinigen
durch die dreifache Heilige Kommunion:
Durch die Kommunion der Eucharistie,
durch die Kommunion des Wortes Gottes
und durch die Kommunion
der Kinder und der Kleinen.
Wie groß ist Deine Liebe!

6. TEILNAHME AN DER VERWANDLUNG DER WELT

Das ist mein Leib, das ist mein Blut – diese Worte hören wir in jeder Eucharistiefeier bei der Wandlung. Und sie sind weiter aktuell, nicht nur während, sondern auch nach der Heiligen Messe. Wir sollen die Wandlung nicht nur auf dem Altar erleben, sondern auch wenn wir zurück nach Hause kommen, in den gewöhnlichen Situationen des Alltags, bei der Arbeit, in frohen und traurigen Situationen (…)
Das ist mein Leib – wenn wir wirklich aktiv an diesem ersten Teil der Wandlung teilnehmen, dann verbindet diese uns noch mehr als die allgemeine Gemeinschaft aller Getauften. Durch das Sakrament der Taufe sind wir Glieder des Mystischen Leibes Christi geworden. Wenn wir also nach der Heiligen Messe in unser gewöhnliches Leben zurückkehren und Menschen begegnen, die ebenfalls getauft sind, können wir sie anschauend wiederholen: Das ist mein Leib! Und wenn ein Glied des Leibes Christi krank ist, dann werden wir uns umso mehr dafür interessieren und nach Möglichkeit helfen. Wenn ein Glied an unserem natürlichen Leib krank oder verletzt ist, dann fügen wir nicht unnötige Schmerzen hinzu. Wir lindern und unternehmen, was der Heilung dient, denn – das ist mein Leib.
Das ist aber noch nicht alles. Der zweite Teil der Wandlung spricht vom Blute Christi. Man kann überlegen, warum Jesus wollte, dass er in der Eucharistiefeier unter beiderlei Gestalten gegenwärtig ist. Würde das Brot nicht genügen? Wäre es oft nicht viel einfacher ohne den Wein? – Ja, es würde genügen, wenn es Jesus so gewollt hätte. Er wollte es aber anders. Er wollte, dass Brot und Wein verwendet werden, und das hat eine tiefe Bedeutung. Was verbirgt sich aber hinter dem Zeichen des Weines, der in das Blut Christi verwandelt wird? Das Blut hat eine doppelte Bedeutung. Einerseits ist es etwas sehr Schönes, Edles. „Blut ist Leben“ – solche Worte liest man, wenn Blut für Operationen benötigt wird, um Leben zu retten… Ein Blutspender ist ein Lebensretter! Blut kann aber auch ein Zeichen von Schrecken und Tod sein. Man kann manchmal sagen hören: „Es kam zu Blutvergießen!“ So sagt man, wenn eine große Tragödie passiert ist, wenn es zu Gewalttätigkeiten, vielleicht sogar zu Mord und Tod-schlag gekommen ist.

Wenn wir während der Eucharistiefeier auf den Kelch der Erlö-sung, auf das Blut Christi schauen, dann erinnern wir uns an Golgota. Der gekreuzigte und sterbende Jesus wird gegenwärtig. Kelch und Blut sind Zeichen des Opfers Jesu. Das Blut erinnert an seine Wunden! Dort, wo das Blut Christi vergossen wurde, dort begegnen wir allem Unrecht, aller Gewalttat und Sünde der gesamten Menschheit (…) Wir sind alle eingeladen, auf den Kelch zu schauen und in unserem Herzen mit dem Priester zu sprechen: Das ist mein Blut. Und diese Worte der Wandlung können wir auch wiederholen, während wir uns gegenseitig anschauen. Im Glauben erkennen wir in den Wunden unserer Mitmenschen auch die Wunden Christi. Denn im Blute Christi sind alle Probleme, Leiden und Wunden der ganzen Welt gegenwärtig. Es geht nicht nur um physische Verletzungen, sondern auch um die Wunden des Herzens, der Seele, des Geistes. Im Blut Christi ist jede Art der Sünde, des Unrechts und des Schmerzes, des Leidens und der Schuld gegenwärtig, denn für all das hat Jesus sein Blut vergossen. Dafür ist er am Kreuz gestorben: Er wollte unsere Wunden gleichsam heilend ausfüllen, jeden Mangel, jede Dunkelheit… Er selbst schrie am Kreuz: Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? In diesem Schrei Christi ist jedes Fragezeichen enthalten, jede Müdigkeit, jeder Schmerz… Das ist mein Blut!
Wenn wir von Schwierigkeiten hören, von Kriegen, Naturkata-strophen, z.B. irgendwo in Australien – dann bewegt uns das normalerweise persönlich nicht sehr; anders ist es, wenn so etwas in der Nähe passiert, in unserer nächsten Umgebung. Wenn wir aber die Eucharistie wirklich mitfeiern, dann dürfen und sollen wir zusammen mit Christus auf die Wunden der ganzen Welt schauen, denn für alle diese Wunden ließ sich Jesus kreuzigen. Das ist mein Blut, das geht mich persönlich an, das ist mein Leben! Dafür ist Jesus am Kreuz gestorben und ich will in Einheit mit ihm sein.
Das Blut Christi zu verehren bedeutet, nicht nur im Gedächtnis behalten, was Jesus getan hat. Es geht um viel mehr! Es bedeutet, sein eigenes Blut zu geben – zusammen mit dem Blute Christi. Im Kelch auf dem Altar ist immer noch ein Platz, um den Tropfen des eigenen Blutes, des eigenen Lebens, der eigenen Schmerzen… hinzuzufügen. Kann man Blut spenden, ohne sich verletzen zu lassen? Wenn jemand zur Blutspende bereit ist, dann muss er sich die Adern durchstechen lassen und dabei entsteht eine Wunde. (…)
Der erste Teil der Wandlung – das ist mein Leib – stärkt uns, die Getauften, dass wir noch mehr als der Mystische Leib Christi bereit zu leben und fähig werden. Der zweite Teil – das ist mein Blut – verbindet uns mit der ganzen Welt, so dass wir nicht mehr gleichgültig auf die Probleme der Menschen und der Welt schauen können: Sie gehen mich etwas an! Selbstverständlich kann man sich nicht bei allen Problemen der Menschheit engagieren. Aber man darf auch nicht gleichgültig sein! Immer, wenn wir jemandem begegnen, der sich plagt, weint, leidet – muss man im Bewusstsein, dass auch in diesen Wunden das Blut Christi gegenwärtig ist, wenigstens mit Achtung nahe sein. Und das verwandelt die Welt!

7. FEIERE DEINE MESSE

Wenn du leidest und dein Leid so tief ist,
dass es dich hindert, irgendetwas zu tun,
erinnere dich an die Heilige Messe.
In der Messe, heute wie damals,
arbeitet Jesus nicht, lehrt nicht:
Jesus gibt sich aus Liebe hin.
Im Leben kann man so viel tun,
so viele Worte sagen,
doch die Stimme des Leidens,
obwohl stumm und anderen unbekannt,
die Stimme des Leidens,
die aus Liebe geopfert wurde,
ist das stärkste Wort,
solches, das den Himmel durchbricht.
Wenn du leidest,
tauche dein Leid in Seines ein:
feiere dein Messopfer;
und wenn die Welt dich nicht versteht,
verliere den Frieden nicht:
Es genügt, dass dich Jesus, Maria,
die Heiligen verstehen:
Lebe mit ihnen und lass dein Blut fließen
für das Wohl der Menschheit – so wie Er!
Das Messopfer!
Zu groß, um es zu verstehen!
Sein Opfer, unser Opfer.

(Chiara Lubich)

8. EUCHARISTIE ALS PASSION JESU

(Zeugnis einer charismatischen Erfahrung)

Als die Heilige Messe beginnen sollte, hatte ich von Anfang an den Eindruck, dass mich Jesus dieses Mal mehr als sonst dazu einlud, innerlich ganz still zu sein und zu horchen. Mir kam es vor, als ob Jesus folgendes sagte: Ich will dir zeigen, was die Eucharistie bedeu-tet, was für ein Opfer sie ist. Es waren nicht genau diese Worten, aber es ging genau darum.
Als der Priester aus der Sakristei kam und den Altar küsste, hatte ich innerlich ein Bild von Jesus, der zum Altar schritt, die Arme emporhielt und sagte: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmel und der Erde! Ich hatte den Eindruck, dass schon von Beginn der Eucharistiefeier an sich die Passion Jesu vergegenwärtigt. Von Anfang der Passion an verherrlicht und lobpreist er seinen Vater. Und ich sah, dass Jesus sofort in den Ölgarten geführt wurde.
Während in der Hl. Messe der Bußakt stattfand, betete Jesus im Ölgarten und nahm von jenen, die bei der Eucharistiefeier gegenwärtig waren, alle Sünden weg. Aber nicht alle wollten ihre Sünden abgeben. Es waren bei dieser Hl. Messe Leute anwesend, die schienen in gläsernen Behältern eingeschlossen zu sein. Sie waren körperlich da, aber sie nahmen nicht wirklich Teil. Sie gaben ihre Sünden nicht ab und brachten kein Opfer. Auch für sie hat Jesus gelitten, aber er konnte noch nicht zu ihren Herzen gelangen. Das ist ein ganz wichtiger Augenblick in der Eucharistiefeier: Jesus lädt dazu ein, ihm alle Vernachlässigungen, Verfehlungen und Sünden abzugeben. Dafür vergießt er Schweiß und Blut im Ölgarten.
Als das Gloria gesungen wurde, sah ich, dass Jesus gefangen ge-nommen wurde. In diesem Moment wird Jesus vom Vater geehrt und er verehrt den Vater. Das ist ziemlich schwer zu verstehen, denn es geht ja um Verrat, Festnahme und den Judas-Kuss, und ich hatte den Eindruck, dass Jesus spricht. Zwischen ihm und Gott Vater besteht eine unsichtbare Verbindung, eine Einheit in der Verherrlichung und im Leiden. Es ist erst der Beginn, aber schon jetzt ist es eine Verherrlichung, die aber vorläufig nur für Gott-Vater, für den Sohn und den Heiligen Geist erfassbar ist.
Während der liturgischen Lesungen stand Jesus vor Pilatus. Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll, aber es fand in dieser Zeit der Eucharistiefeier das Gericht über Jesus statt. Während der Hl. Messe ereignete sich Folgendes: Dem Priester fiel das Lektionar auf den Boden und er konnte längere Zeit nicht die entsprechende Le-sung finden. Während dessen waren die Schreie zu hören: Kreuzige ihn, wir wollen nicht ihn, sondern Barabbas!
Das Evangelium handelte von der Säuberung des Tempels, als Jesus die Händler verjagte. Nach dem Evangelium sprach der Priester zu den Kindern. Jeden Sonntag handeln ganz nahe bei der Kirche einige Leute mit Obst und Gemüse und breiten ihre Kisten aus. Aber der Pfarrer reagiert nicht darauf. Während er mit den Kindern über diesen Abschnitt im Evangelium sprach empfand ich die Ähnlichkeit zwischen dem was im Evangelium stand und dem, was vor unserer Kirche geschieht. Es zeigte sich ein Bild von Jesus mit der Dornenkrone. Von seinen Schläfen rann in Strömen das Blut.
Nach der Predigt irrte sich der Priester und er begann anstatt mit dem Glaubensbekenntnis sofort mit den Fürbitten und erst danach mit dem Credo. Ich spürte, wie Jesus durch dieses Zerstreut-sein noch mehr litt, dadurch, dass dieser Priester dieses wahre Opfer innerlich nicht tiefer erlebte. Die Dornenkrone fiel auf den Altar und hing gleichsam an ihm herunter. Ich hatte den Eindruck, dass so viel vom Priester abhängt. Er kann an diesem Opfer teilnehmen und dann hilft er Jesus, oder er nimmt nicht Teil und dann leidet Jesus noch mehr um seinetwillen. Wiederum zeigte sich Jesus mit der Dornenkrone und ein Dorn drang tief in die Schläfe ein, was einen unmenschlichen Schmerz verursachte. Jesus zeigte, wie sehr es ihm wehtut, um wie viel mehr er leiden muss durch diesen Priester, der nicht wirklich an seinem Opfer teilnimmt.
Bei der Gabenbereitung war zu sehen, wie Jesus das Kreuz auf seine Schultern nimmt und den Kreuzweg beginnt. Am Kreuz trug Jesus auf dem Weg nach Golgota alle unsere Sünden zu Gott-Vater, aber auch die Bitten und das Flehen von den Teilnehmern an dieser Eucharistiefeier mit Ausnahme von jenen, die in den gläsernen Behältern waren. Dann begann der Priester sehr schnell aus dem Messbuch zu lesen und wiederum war zu sehen, wie Jesus den Kreuzweg geht. Und es kam zum ersten Fall unter dem Kreuz. Jesus wollte wohl zeigen, dass der Kreuzweg nicht so schnell und leicht vonstattenging, als der Priester so hastig und oberflächlich las. Jesus sieht während der Eucharistiefeier unsere Herzen und er weiß, was in ihnen vor sich geht. Er nimmt wahr, ob wir an seinem Leiden teilnehmen oder ob wir das vernachlässigen. Wenn wir über alles Mögliche nachdenken, fällt Jesus zum zweiten Mal unter dem Kreuz…
Während des Sanctus war ein Bild von der Begegnung mit der Mutter und vom Trocknen des Antlitzes Jesu durch Veronika zu sehen. Ich hatte den Eindruck, dass jede gute Tat, jedes gute Wort, jeder gute Gedanke, mit denen wir zur Eucharistiefeier kommen und die wir Jesus übergeben, in diesem Augenblick eine Hilfe für Jesus ist. Es ist wie die Hilfe des Simon von Cyrene beim Kreuztragen.
Als sich der Augenblick der Wandlung näherte war ein Bild, wie Jesus an das Kreuz geschlagen wurde. Als der Priester diese Worte wieder schnell und oberflächlich las, kam es zu einem besonders kräftigen Schlag mit dem Hammer, durch den der Nagel durch die Hand Jesu drang und ein mächtiger Strom des Blutes zu sehen war. Während der Wandlung, als Jesus gekreuzigt wurde und noch grausamer litt, da war ein starker Blutstrom zu sehen.
Während der Worte: „…in Einheit mit dem Heiligen Vater…, un-serem Bischof… allen Priestern…“ zeigte sich unter dem Kreuz ein Bild von fürchterlichem Ungeziefer, das sich schwarz-glitzernd in einer dunklen Masse gewunden hat. Ich hatte den Eindruck, dass Jesus hier auf jene Priester hinwies, die trotz ihrer Standesgnade in andauernder Sünde leben. Manche haben nicht einmal das Verlan-gen, aus dieser Sündhaftigkeit heraus zu kommen. Das ist ein gera-der Weg in die Hölle. Und in diesem geistlichen Zustand feiern sie noch das Heilige Messopfer! Das bedeutet für Jesus am Kreuz einen ungeheuren Schmerz. Dieses Bild war nur kurz zu sehen und ver-schwand, als unter dem Kreuz Maria und der hl. Johannes standen.
Ich erinnere mich nicht mehr genau, aber es war wohl in dem Moment als der Priester die heilige Hostie erhob und sagte: Seht, das Lamm Gottes… da hatte ich den Eindruck, dass Jesus am Kreuz sagte: Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist. Und dann starb er.
Während der Heiligen Kommunion war die ganze Zeit das durchbohrte Herz Jesu zu sehen, aus dem überaus große goldene Funken hervorströmten. Ich hatte den Eindruck, dass sie jene Gnaden versinnbildlichen, die jene empfangen, die ihn während der Eucharistiefeier mit Ehrfurcht in ihr Herz aufnehmen. Es war ebenfalls nach der Heiligen Kommunion, als das offene Herz Jesu die Herzen jener Menschen gleichsam in sich hereinzog. Aber ich spürte auch, dass es nicht alle Herzen von jenen waren, die ihn empfangen hatten, sondern nur die, die ihn in ihren Herzen wenigsten kurz angebetet hatten. Sie mussten sich dessen nicht einmal bewusst sein. Es genügte eine kleine Weile der Anbetung und Jesus vereinigte selber unsere Herzen mit dem seinen. Das ist gleichzeitig seine Gnade wie auch seine Sehnsucht.
Während des Schluss-Segens war ein Kreuz zu sehen, an dem aber schon nicht mehr Jesus hing. Nur von der Stelle, an der Jesus gekreuzigt war, strömte eine ungeheure Helligkeit. Dieses Licht verbreitete sich über die Menschen und trat in jene Herzen ein, die offen waren.

9. WÜRDIGER KOMMUNIONEMPFANG

(vgl. Benedikt Stolz, „Mirjam von Abellin, Flamme der göttlichen Liebe“, Miriam-Verlag S. 234-236 u. 247)

Vorgestern habe ich die hl. Kommunion empfangen, wie ohne Glauben, ohne Liebe. Ich glaube, wer ein Stück Brot nimmt, tut es mit mehr Ehrfurcht als ich. Nachdem ich die hl. Kommunion empfangen hatte, sprach ich bei mir selbst: „Es ist schlimm, in einem solchen Zustand, in dem ich mich befinde, zu kommunizieren!“ Und ich sprach zu Gott: „Wenn ich an deiner Stelle wäre, und es käme jemand, der sich so benimmt wie ich, ich denke, ich würde ihn in einen Abgrund werfen, um mich seiner zu entledigen.“
Ich fühlte, wie abscheulich ich bin und weinte innerlich. Plötzlich fühlte ich mich ein wenig entrückt, ich hörte eine Stimme. Ich hatte den Eindruck, dass sie vom Herrn ist. Sie fragte mich: „Glaubst du denn nicht, dass ich die Barmherzigkeit bin?“ (…)
Jetzt sehe ich, dass es Satan war, der mich von der Hl. Kommunion fernhalten wollte. Ich werde immer im Gehorsam (meinem Beichtvater gegenüber) kommunizieren. Ich werde Satan immer verachten, der versucht, mich von Jesus fernzuhalten. Heute schien mein Herz mir zu sagen: Nein, ich bin nicht würdig zu kommunizieren. Als aber der Gehorsam gesprochen hatte, rief ich noch stärker: „Ich werde niemals würdig sein; aber ich hoffe; ich werde zu Jesus gehen, er wird mich mit Erbarmen aufnehmen“. Wäre ich nicht treu geblieben, so wäre ich verloren gewesen. (…)

10. FREUNDSCHAFT MIT JESUS

Ob man ein Freund Gottes ist, das sieht man nicht nur am Gebet und an der Mitfeier der Heiligen Messe. Die Freundschaft mit Jesus wirkt sich im ganzen Leben aus: Wir lieben den oder das, was Jesus liebt, wir meiden, das oder diejenigen, vor denen Jesus und schützen möchte. Ein Freund Jesu kann und will nicht überall mitmachen. Er meidet jene Umgebung und die Bekanntschaften, die einen schlechten Einfluss haben.
Wenn du ein Freund Jesu sein und bleiben willst, dann wirst du manchmal auch vor den Versuchungen zum Bösen die Flucht ergreifen: Lieber fliehen und bei manchen als „Feigling“ oder rückständig gelten als untergehen! Da gilt das Sprichwort: „Sage mir, mit wem du gehst – und ich sage dir, wer du bist.“
Wenn du dir aber nicht sicher bist, ob etwas für dich gut oder schlecht ist, dann frage doch in deinem Herzen Jesus selber, was ihm besser gefällt. Ein Freund Jesu „unterhält sich“ gerne mit Jesus über alle Themen. Er fragt sich nicht nur, ob etwas erlaubt oder verboten ist. Ein wirklicher Freund Jesu will wissen, was ihm mehr Freude macht. Er beachtet vor allem die Herzenswünsche Jesu und fragt sich immer wieder: „Jesus, was gefällt dir besser?“
Um ein echter Freund Jesu zu werden, achtet man auch auf jene, die ebenfalls auf dem Weg zur Freundschaft mit Jesus sind. Suche Bekanntschaft und häufigen Umgang mit jenen, die auch an Gott glauben, die beten und sich bemühen, nach ihrem Gewissen zu leben. Denn Einigkeit macht stark!
Lerne auch die großen Freunde Jesu kennen, die Heiligen. Wenn du die Lebensbeschreibungen von heiligen Menschen liest, dann kannst du auch deine Freundschaft mit Jesus vertiefen. Du musst nicht alle Fehler wiederholen, die schon andere vor dir gemacht haben. Das gute Beispiel und die Erfahrungen mit Gott, die bereits andere vor dir gemacht haben, können Dir helfen, so manche Umwege zu vermeiden und immer wieder angefeuert zu werden. Ein Freund Jesu ist auch ein Freund der Freunde Jesu.
Wenn du immer wieder in deiner Bibel liest, und wenn du ange-fangen hast, deine Lebens-Entscheidungen wirklich nach dem Wort Gottes auszurichten, dann bist du an der besten Quelle. Echte Freunde wollen sich immer besser kennen lernen. Darum liest man immer wieder das Wort Gottes und macht es zu seinem persönlichen, seinem Wort des Lebens. Wir wollen nicht nur die Bibel verstehen, sondern auch unser Gewissen und unser ganzes Leben nach ihr ausrichten. Das geschieht, wenn wir die kleinen und großen Herausforderungen und Schwierigkeiten des Lebens im Licht des Glaubens anschauen. Ein Motto oder Leitsatz aus der Bibel lässt immer wieder den inneren Frieden und auch eine besondere Hilfe „von oben“ erfahren.
Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lk 10,25-37) ist für die Freunde Jesu eine besondere Herausforderung: Dieser unbeliebte Ausländer aus Samaria war ein größerer Freund Gottes, als die frommen Tempeldiener, die an dem Verwundeten vorbei gingen – vermutlich noch mit irgendeiner „frommen“ Ausrede. Jesus sagt uns durch dieses Gleichnis, dass die Achtung und das Erbarmen für einen jeden Mitmenschen entscheidend ist für unsere Beziehung zu IHM: Denn das Erbarmen mit dem tödlich Verwundeten ist wichtiger und wertvoller, als alle religiösen Formeln und Bräuche. Ob wir echte Freunde Jesu sind, oder nur Scheinheilige, das sieht man besonders gut daran, wie wir mit den notleidenden Mitmenschen umgehen.
Der würdige und liebevolle Empfang der Heiligen Kommunion ist ein Höhepunkt der Freundschaft mit Gott und Jesus Christus. Da sind nicht immer viele Worte nötig, wenn sich das Herz mit dem Herzen trifft. Es geht um ein Verweilen in gegenseitiger Liebe, um Empfang und Hingabe. Gewöhnlich ist während der Eucharistiefeier nicht genügend Zeit gegeben, um das gebührend zu pflegen und auszukosten. Darum ist es wichtig, sich im Laufe des Tages wenigstens kurze Zeiten und geeignete Orte zu suchen, die es erleichtern, die Danksagung nach der Heiligen Kommunion wieder aufzunehmen und zu verlängern. Die Anbetung Jesu vor einer Monstranz, der „Besuch“ Jesu beim Tabernakel oder auch die geistliche Kommunion auf dem Spaziergang… sind besonders gute Möglichkeiten, die Freundschaft mit Jesus „konkret“ werden zu lassen und zu vertiefen.

11. O HEILGE SEELENSPEISE

1. O heilge Seelenspeise / auf dieser Pilgerreise /
o Manna, Himmelsbrot!/ Wollst unsern Hunger stillen/
mit Gnaden uns erfüllen/ uns retten vor dem ewgen Tod.

2. Du hast für uns dein Leben,/ Jesu hingegeben /
und gibst Dein Fleisch und Blut / zur Speise und zum Tranke/
wer preist mit würdgem Danke / dies unschätzbare, ewge Gut?

3. „Kommt alle, die auf Erden / von Not bedränget werden.“ /
so spricht Dein eigner Mund/ „ich will euch wiedergeben /
mit meinem Blut das Leben! / Dies ist der neue, ewge Bund.“

4. O süßer Bronn des Lebens, / fließ nicht für uns vergebens, /
du unsres Heilands Blut! / O lösch den Durst der Seelen, /
so wird uns nichts mehr fehlen, / du unser allerhöchstes Gut!

5. Mit Glauben und Vertrauen / wir dich verdeckt hier schauen /
in Deiner Niedrigkeit. / Ach, lass es, Herr, geschehen, /
dass wir im Himmel sehen / dich einst in Deiner Herrlichkeit!“

(Gottes Lob, Nr. 888)

12. DAS AUFOPFERN DER HEILIGEN KOMMUNION

Je mehr wir durch die Heilige Messe in das Den¬ken und Wollen Christi eingedrungen sind, umso mehr hat sich unsere Liebe aus-gedehnt auf die ganze Welt. Je näher wir Gott stehen, umso tiefer geht unsere Beziehung zu den Menschen. Denn erst Gott kann uns den Blick für seine Schöpfung geben. Darum ist auch unsere Be-reitschaft und Fähigkeit zur Fürbitte am stärksten, je mehr wir mit Gott verbunden sind. In der Heiligen Kom¬munion sind wir am stärksten und deutlichsten mit Christus eins geworden. So ist also auch die Kommunion die größtmögliche Einheit mit dem Mitmen-schen. «Die Kommunion aufopfern» be¬deutet also, in der Einheit mit Christus sich dem Vater im Himmel anzubieten als lebendige Für¬bitte, in stellvertretender Liebe, als Sühne. Man darf die Kom-munion, die Gnade des Sakramen¬tes nicht wie eine Sache behan-deln. Wir kön¬nen über Christus nicht willkürlich wie über eine Ware verfügen. Unsere Freundschaft und für¬bittende Liebe ist aber so mächtig, dass sie den Himmel bewegt, weil Gott selbst uns zur Bitte und Fürbitte einlädt.

13. DAS AUFOPFERN DES KOSTBAREN BLUTES

Grundsätzlich bedeutet das Opfer des Kostbaren Blutes das Gleiche wie das Aufopfern der Heili¬gen Kommunion. Weil aber im Blute Christi eine besondere Symbolik enthalten ist, verbin¬den sich mit diesem Brauch neue Gedanken und Akzente: Das Blut Christi ist das Zeichen der Versöhnung und des Friedens. Während das Blut Abels um Rache schrie, stiftete das Blut Christi den Neuen Bund. Seine Todesnacht ist für uns zum Ostermorgen geworden, sein Leiden zur Quelle der Freude, seine Einsamkeit zum Band der Einheit. Das Blut Christi hat uns reingewaschen von der Erbschuld, es hat uns freigekauft von der Knechtschaft des Verführers und der Sünde. Christus hat uns durch sein Blut wieder zu Kindern seines Vaters ge¬macht.
Darum dürfen wir im Zusammenhang dieser Sym¬bolsprache sagen, dass das Blut Christi für den Vater im Himmel das Herr-lichste ist, was er auf der Welt erblicken kann: Es ist der größte Aus-druck der Liebe, den die Menschheit durch ihren großen Bruder Christus dem Schöpfer darge¬bracht hat und darbringen kann. In der Heiligen Messe hat uns der Herr diesen Schatz in die Hände gelegt, damit wir ihn auch in unserem All¬tag entdecken. Je mehr wir uns auftun für die Liebe Christi, umso mehr sind wir selbst ge-zeichnet vom Blute Christi. Es begegnet uns in der Schwäche und Sünde, in der Not und Krank¬heit der Menschen. Wenn wir uns mit Christus klein machen, um die Last der Welt mit ihm zu tragen, dann sammeln wir gleichsam das Blut Christi im Kelch unserer Dienstbereitschaft und Geduld. Wir könnten dem Vater nichts Kostba¬reres schenken als unsere Liebe, die gereinigt und einge-taucht ist in das Blut Christi. Wie beim Aufopfern der Heiligen Kommunion bedeutet die Nähe zu Christus auch eine beson¬dere «Chance» der Fürbitte. Darum ist es üblich, gerade im Zusammen-hang mit der Aufopferung des Blutes Christi persönliche oder all-gemeine An¬liegen der Kirche Gott vorzutragen oder gar un-mittelbar das Blut Christi aufzuopfern «für» die¬ses und jenes. Sicher ist das Blut Christi die stärkste und mächtigste Stimme, die wir zum Him¬mel schicken können, zumal wenn sie vom eigenen Blut und Leben durchdrungen ist.

14. KOMMUNION FÜR GESCHIEDENE-WIEDERVERHEIRATETE

Die Frage:

Warum gibt es so viele Diskussionen und Meinungsverschiedenhei-ten zu dem Thema der Kommunion für Geschiedene, die noch einmal standesamtlich geheiratet haben? Wäre es nicht besser, wenn nach einem ersten gescheiterten Anlauf noch eine zweite Chance für eine auch sakramental gelungene Ehe gegeben würde? Wäre es nicht viel barmherziger, wenn gerade jene, die vor dem Scherbenhaufen einer ersten Beziehung stehen, nun, beim zweiten Anlauf, auch eine Stärkung durch den Empfang der hl. Kommunion mit auf den Weg bekämen? Warum ein so hartes Nein seitens der Kirche? Wäre es nicht hilfreicher und sinnvoller, gerade jene zu Jesus, dem Guten Hirten, einzuladen, die Unterstützung im Glauben suchen?

Versuch einer Antwort:

Man könnte die Liste von Fragen noch viel, viel länger machen. Aber m.E. übersehen diese Rufe nach Hilfe und Barmherzigkeit vor allem den Mangel an Reife beim ersten Anlauf zu einer sakramentalen Ehe: Wer von den Ehewilligen, also von jenen, die nicht nur so einfach ohne Verbindlichkeit zusammenleben wollen, wer von ihnen ist denn überhaupt reif genug für eine unauflösliche Ehe im katholischen Sinn? Wer von jenen, die mehr suchen als das, was das Standesamt bieten kann, wer von ihnen sucht denn wirklich die volle Einheit mit Jesus Christus? Wer von ihnen lebt aus dem Glauben, wer praktiziert das gemeinsame Gebet in Ehe und Familie? Wer will im Ehepartner und in den Kindern bewusst Jesus dienen – auch auf dem Kreuzweg der Familie? Wer hat denn bereits vor der Ehe gelernt, auch aus dem Glauben heraus zu leben und zu lieben? Wer ist denn eigentlich auch im geistlichen Sinn ehefähig?
Auch der Versuch einer Antwort beginnt mit einer Reihe von Fragen, die ebenfalls noch sehr verlängert werden könnte. Ist es nicht so, dass die meisten sakramentalen Ehen zu oberflächlich geschlossen werden? Man weiß oft gar nicht so recht, was ein Sak-rament überhaupt ist, und auch nicht, was die Heilige Kommunion eigentlich bedeutet. Kirchenrechtlich gesehen scheint alles korrekt vollzogen zu sein, aber wer traut sich wohl die Frage nach der Reife der Brautleute im konkreten Einzelfall zu stellen?! Weil nun aber eine gewisse Reife der Ehewilligen auch Voraussetzung für die Gültigkeit der sakramental geschlossenen Ehe ist, stellt sich die Frage, ob so manche katholischen Ehen kirchenrechtlich überhaupt existieren. Wenn nicht, dann wäre ja der „zweite Anlauf“ in Wirk-lichkeit der erste, und das Problem wäre damit beendet. Darum gilt als erster Rat, vom zuständigen Ehegericht prüfen zu lassen, ob die kirchlich geschlossene Ehe wirklich gültig war. Wenn die Ungültigkeit offiziell bestätigt wird, ist der Weg für eine wirkliche katholische Ehe offen.
In der Praxis ist es aber doch oft so, dass „Sie“ oder „Er“ erst nach vielen Jahren eines nur oberflächlichen Glaubenslebens die persönliche Beziehung zu Jesus Christus und der Kirche voll ent-deckt. Nun lebt die betreffende Person aber schon seit Jahren in einer zweiten Beziehung, während die erste Heirat als gültig ange-sehen wird. Außerdem wachsen gemeinsame Kinder heran, die ihre natürlichen Eltern brauchen. Was lange Zeit kein Problem war, wird jetzt erst eines: Die Sehnsucht nach der vollen Teilnahme an der Eucharistie. Dieses Problem ist nicht rechtlich zu lösen, sondern m.E. nur geistlich: Um den inneren Frieden zu finden, kommt es darauf an, noch tiefer in den Glauben hineinzuwachsen. Dann entdeckt man, dass es nicht nur die sakramentale Kommunion gibt (Empfang des Leibes und Blutes Christi). Es gibt auch eine geistliche Kommunion! Unabhängig davon, ob es möglich ist, auch physisch bei der Messfeier dabei zu sein, kann man sich jederzeit im Herzen mit Jesus vereinen, ihn anbeten und um seine Liebe bitten. Durch das Geheimnis des Kreuzes kann eine solche geistliche Kommunion noch viel mehr Trost und Segen vermitteln als eine oberflächliche Routine-Kommunion in einer gewöhnlichen Eucharistiefeier. Diese geistliche Kommunion, die jeder jederzeit und an jedem Ort empfangen kann, setzt voraus, dass man eine tiefe Beziehung zu Jesus, dem Gekreuzigten, gewonnen hat. Dabei steht nicht das eigene Wohlgefühl im Mittelpunkt der religiösen Betätigung. Vielmehr geht es darum, als Jünger Jesu aus der Quelle des Evangeliums zu leben, IHM nachzufolgen bis hin zur Anbetung und Hingabe. Dabei spielt das Aufopfern des eigenen Leidens und auch der eigenen Schuld eine ganz große Rolle. Das, was bisher nur trennt und schmerzt, kann zu einer neuen und tieferen Einheit mit Gott und den Menschen führen, zu einer reiferen Liebe, wie sie uns Gott am Kreuz gezeigt hat: Sie führt durch das Grab hindurch zur Auferstehung, auch zur inneren Auferstehung nach einer zer-rütteten Ehe. Denn die Kreuzesliebe kann zu einer ganz tiefen Kommunion mit Gott und den Mitmenschen führen, bei der die sakramentalen Zeichen nicht mehr das Allerwichtigste sind.
Was folgt daraus für die Praxis? Eine besondere Seel-Sorge für Geschiedene-Wiederverheiratete ist von größter Wichtigkeit. Hier ist die Barmherzigkeit gefragt, die manchmal an verkehrter Stelle eingefordert wird. Ich bin der Ansicht, dass gewisse Versuche nicht an der richtigen Stelle ansetzen. Ich würde nicht damit anfangen, besondere Eucharistiefeiern speziell für Geschiedene-Wiederverheiratete zu organisieren. Wortgottesdienste – durchaus! Bibelgruppen mit Erfahrungs-Austausch – unbedingt! Glaubens-gespräche im Anschluss an ausgewählte Themen des Katechismus – wirklich notwendig! „Agape“-Feiern mit „Kind und Kegel“ – so viel wie möglich! Aber spezielle Eucharistiefeiern scheinen mir verfrüht zu sein. Da ist es besser, regelmäßig die regulären Angebote der Pfarrei zu nützen. Da auch der sakramentale Empfang des Bußsakramentes noch nicht möglich ist, kommt es ganz entschei-dend auf eine geistliche Begleitung an, die zu einer Vertiefung des Glaubenslebens führt – besonders auch in Glaubens-Krisen. Wenn man aber an einer Eucharistiefeier teilnimmt, was (unabhängig vom Kommunionempfang) nicht nur zu empfehlen ist, sondern zum vollen Glaubensleben eines katholischen Christen gehört, sollte man auch immer mit allen anderen Mitfeiernden nach vorne gehen, wenn die Heilige Kommunion ausgeteilt wird. Es hat sich der kostbare Brauch eingebürgert, die Arme über der Brust zu kreuzen, zum Zeichen dafür, dass man vom Spender der hl. Kommunion den Segen erbittet, weil man die sakramentale Kommunion (noch) nicht empfangen kann. Dieser Ritus ist ehrlich und kann viel Glaubenskraft vermitteln, zumal wenn die persönliche Beziehung zu Jesus durch das Wort Gottes und die liebende Anbetung des Gekreuzigten in die Tiefe geht. Ein ungehorsames und trotziges Erzwingen der Kommunion löscht geistlichen Fortschritt eher aus, als dass es ihn fördert. Die demütige Annahme der schwierigen Situation eröffnet dagegen einen Weg zur Heiligkeit, der den klassi-schen Wegen (Christliche Ehe, gottgeweihtes Leben in der Welt, Ordensgemeinschaft…) nicht nachstehen muss. Auf ihn hinzufüh-ren ist wahrlich ein Werk der Barmherzigkeit!

Unwürdige Kommunion?

Wer also unwürdig von dem Brot isst und aus dem Kelch des Herrn trinkt, macht sich schuldig am Leib und am Blut des Herrn. Jeder soll sich selbst prüfen; erst dann soll er von dem Brot essen und aus dem Kelch trinken. Denn wer davon isst und trinkt, ohne zu bedenken, dass es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt (1Kor 11,27-29).
Diese Worte des hl. Paulus geben uns viel zu denken auf. Sie können zu einer wichtigen Gewissenserforschung verhelfen. Es hat Zeiten gegeben, in denen das Würdig-Sein allzu streng beurteilt wurde, was dann zu einem ganz seltenen Kommunionempfang führte. Heute scheinen wir aber eher durch das andere Extrem schief zu liegen – Priester wie Gläubige: Wir lassen es zu oder be-teiligen uns daran, dass bei großen Gottesdiensten (fast) alle Teil-nehmer zum Kommunionempfang nach vorne gehen – ganz gleich, ob man auch sonst dieses Sakrament empfängt oder nicht, ob man innerlich vorbereitet ist (Beichte) oder nicht, ob man überhaupt katholisch ist oder nicht… Es scheint fast ein Herdentrieb zu sein, der alle mitzieht.
Bei einem Sektempfang kann man ja auf einen Obstsaft auswei-chen, wenn die Gesundheit keinen Alkohol erlaubt. Dieser „Obst-saft“ würde bei einem Gottesdienst (z.B. Hochzeit oder Beerdigung) darin bestehen, dass man, beim Kommunionspender angekommen, die Arme über der Brust kreuzt und so den Segen erbittet. Wem aber diese demütige Geste zu viel ist, der sollte lieber auf seinem Platz bleiben. Denn die eucharistische Kommunion ist etwas Heiliges! Schon die Achtung für jene, die an die Gegenwart Jesu Christi in der verwandelten Hostie glauben, verbietet hier ein bloß oberflächliches Mitmachen. Man kann nicht nur dadurch intolerant sein, dass man religiöse Überzeugungen bekämpft oder verspottet. Man kann den Glauben anderer auch dadurch aushöhlen und angreifen, dass man ihre Überzeugungen unterwandert. Ein echter Vertreter europäischer Kultur wird sich vor dem Betreten einer Moschee ganz selbstverständlich die Schuhe ausziehen – un-abhängig davon, wie er über den Koran denkt. Die Ehrfurcht vor dem Glauben und der Würde der Mitmenschen verlangt die Ach-tung gewisser Regeln, Vorschiften und Bräuche der Glaubensge-meinschaft selber. Warum aber soll das nur bei Andersgläubigen gelten. Verlangt das, was der Katholischen Kirche heilig ist, nicht ebenso Respekt, ja Hochachtung?
Die Eucharistiefeier ist „Gipfel und Quelle“ katholischen Lebens. Die Gegenwart Jesu Christi unter den eucharistischen Gestalten von Brot und Wein ist das Allerheiligste, was die Gläubigen verehren, ja anbeten. Auch als der hl. Paulus an die Korinther schrieb, ging es um eine gewisse Oberflächlichkeit bei der Feier der Eucharistie, die der Apostel heftig kritisiert. Er geht mit jenen scharf ins Gericht, die ohne die gebotene Ehrfurcht den Leib und das Blut Christi, des Gottessohnes empfangen. Die volle Teilnahme an der Eucharistie – einschließlich Kommunion – setzt also eine entsprechende Vorbereitung voraus. Man darf z.B. nicht mit schweren Sünden auf dem Gewissen (siehe die 10 Gebote) zum Mahl des Herrn hinzutreten, ohne vorher eine echte Bekehrungs-Beichte abgelegt zu haben.
Zur vollen Teilnahme an der Eucharistiefeier gehört auch die Kommunion. Aber die unwürdige Kommunion ist ein großer Schaden. Wer sie aus falscher Einstellung oder Bequemlichkeit dennoch praktiziert, der zieht sich das Gericht zu…!

3. Teil - VON DER NOT UND DER GNADE DER ANBETUNG

1. WARUM FINDET MAN HEUTE IN DEN KIRCHEN WIEDER MEHR ANBETUNG?

Ja, das ist ein erfreuliches Zeichen, dass nicht nur in Kloster-kirchen, sondern auch immer mehr in den Pfarreien – regel-mäßige Anbetungsstunden vor dem ausgesetzten Aller-heiligsten Einzug halten. Das hat sicherlich auch mit den dringlichen Aufrufen der Gottesmutter zu tun, die an verschiedenen Erscheinungsorten zu Buße, Umkehr, Sühne und verstärktem Gebet einlädt. Der Heilige Vater selbst gibt auf allen seinen apostolischen Reisen wie auch in Rom ein gutes Beispiel. Besonders die Gemeinschaften und Bewegungen, die sich für die Erneuerung der Kirche einsetzen, entdecken und fördern unter der Leitung des Heiligen Geistes diese heilsame Entwicklung.
Die Anbetung scheint eine echte Medizin für die besonderen Krankheiten unserer Zeit zu sein. Die an sich so wichtige liturgische Erneuerung des II. Vatikanischen Konzils hat ja in manchen Gegen-den in einem gewissen Übereifer das Kind mit dem Bade ausgeschüttet: Nicht nur ließen die Kirchenrenovierungen oft eine gewisse Leere und Kälte im Kirchenraum zurück, auch die Gottesdienste selber wurden weithin zusammen-gestutzt wie manche Parkbäume im Winter. Nun scheinen diese Bäume aber wieder auszuschlagen: Mit den immer häufigeren Anbetungs-Stunden ziehen wieder mehr Andacht, Herzenswärme, fröhlicher Lobpreis aber auch heilsame Tränen in die Gotteshäuser ein.
Darüber hinaus ist aber auch darauf hinzuweisen, dass eine vor-herrschende Denkrichtung und die allgemeine Atmosphäre unserer sich „globalisierenden” Welt, die man mit dem Begriff „New Age” zusammenfassen könnte, eine Gegenbewegung aus dem Glauben erfordert. Die meisten „gläubigen” Kirchenbesucher wissen doch gar nicht, wie sehr sie (meist unbewusst) vom „Wassermann” beeinflusst sind. Wenn es um die Gesundheit geht, scheinen auch viele betende Menschen mehr den „Globuli” als Christus zu vertrauen. Die an sich positive Sorge um die Erhaltung der Natur wird durch so manche Übertreibung im Bereich der Ökologie ins Negative verkehrt: Die Arterhaltung z.B. scheint bei vielen wichtiger geworden zu sein als der Schutz der Kinder unter dem Herzen ihrer Mütter. Gott ist für viele tonangebende Vordenker unserer Tage („Mainstream“) nicht mehr der Schöpfer und Erhalter der Natur, der Sterne, Engel und Menschen… er wurde bei vielen zum unpersönlichen Energiemeer umgedeutet, an dem wir angeblich alle in verschiedenen Stufen teilnehmen. Da ist kein Platz mehr für die Sünde, es handle sich nur um verschiedene Grade der Erleuchtung. „Jenseits von Gut und Böse” sind Engel und Dämonen nur positive Geister…
Diese eindeutige Irrlehre (Häresie) tritt unter dem Schafspelz der Toleranz auf und schleicht sich auf leisen Sohlen in das Denken und in das Weltgefühl auch vieler Getaufter, Kirchenbesucher, ja Kirchen-Verantwortlicher ein. Als Gegengewicht ist da sicherlich zunächst eine gesunde und ganzheitliche Glaubenslehre gefragt, die nicht unbeliebte oder unbequeme Wahrheiten einfach ausblendet. Wir sind dankbar für die unermüdliche Lehrtätigkeit der Päpste bis in die jüngste Zeit und die Herausgabe des Katechismus der Katholischen Kirche. Das aber genügt noch nicht. Glauben ist ja nicht nur Sache des Verkündens, Erklärens und Verstehens. Vieles muss auf dieser Welt ein Geheimnis bleiben, denn Gott ist zu groß für unseren Verstand. Zum Glauben gehört unbedingt auch das Knien (wenigstens im übertragenen Sinne), also das Anbeten des Herzens. Darum sind die nun wieder häufigeren Anbetungsstunden in den Kirchen ein nicht nur erfreuliches, sondern wirklich heilsames Ereignis.

2. WAS IST EIGENTLICH ANBETUNG UND WIE „MACHT” MAN DAS?

a) Anbetung beginnt bei der Wahrheit,

d.h. bei dem ehrlichen Suchen nach der Wahrheit. Es geht um die Wahrheit über sich selbst, über die Umwelt, über Gott… In der Anbetung ist man bereit, sich der Wahrheit ohne Wenn und Aber zu stellen. Das hat die Anbetung mit der Philosophie gemeinsam. Doch während der Philosoph nur seinen Verstand in den Dienst der Wahrheitsfindung stellt, öffnet sich der Beter auch für jene Wahrheit, die von Gott kommt, und zwar durch den Glauben. Darum kann man auch sagen: „Wer glaubt, sieht mehr”. Man muss allerdings darauf achten, WEM man sein gläubiges Vertrauen schenkt: „Trau – schau wem!” sagt ein altes Sprichwort. Für den katholischen Christen ist die Katholische Kirche die wichtigste Quelle des Vertrauens. Durch sie ist uns die Wahrheit von Jesus Christus geschenkt worden, der Kanon der Heiligen Schrift und ihre sichere Deutung unter der Führung des Heiligen Geistes… Durch die Kirche wissen wir glaubend,

– dass Gott-Vater der Schöpfer und Erhalter des gesamten Universums ist,
– dass sein Ewiger Sohn uns als wahrer Gott und wahrer Mensch am Kreuz erlöst hat,
– dass der Heilige Geist uns schon auf dieser Welt am Leben und an der Liebe Gottes teilnehmen lässt…

Anbetung „auf katholisch” fängt mit der Annahme dieser und all jener Wahrheiten an, die uns die Heilige Kirche zu glauben lehrt. Selig, wer sich wie ein Kind diesen Wahrheiten anvertrauen kann! Er hat eine ganz neue Sicht nicht nur von sich selber, sondern auch von seiner Umgebung, von der ganzen Welt. Natürlich lässt sich ein solcher Glaube nicht durch Diskussionen „erzwingen”. Ein solcher Glaube ist eine große Gnade, um die man nicht genug bitten und für die man nicht genug danken kann. Man kann sich diese Gnade nicht verdienen, aber man kann sich für sie öffnen. Außerdem ist man für die Gnade seines Glaubens verantwortlich: Man kann sie vernachlässigen, oder gar verlieren, aber man kann sie auch stärken – z.B. durch echte Anbetung.

b) Die zweite Dimension der Anbetung ist der Dialog, also das Gespräch

Weil Gott als Vater und Schöpfer Person ist (und eben nicht nur ein unpersönliches „Energiemeer”), können wir mit Ihm sprechen. Gott wartet auf das Gespräch mit uns – Er liebt uns doch mehr als auch gute Eltern ihre Kinder zu lieben vermögen! Nur sollten wir nicht den Fehler machen, immer nur mit unseren eigenen Anliegen, Nöten, Problemen… sofort herauszuplatzen. Glücklich der Mensch, der sich im Vertrauen öffnen kann, der zunächst einmal hinhört und fragt, bevor er das vorbringt, was ihn selber beschäftigt. Wer sind wir denn im Vergleich zu Gott, dass wir das Thema des Gespräches sofort an uns reißen dürften?! Gott ist weder ein Orakel, noch ein Antworten-Automat. Manchmal will uns Gott gerade auch durch das Schweigen etwas sagen. Oder Er will uns selber draufkommen lassen, wo es lang geht… Jedenfalls können wir Gott keine Vorschriften machen, wie das Gespräch auszusehen hat. ER ist der HERR!
Es ist eine große Gnade, dass wir überhaupt mit Gott ins Gespräch kommen dürfen und das „per Du”! Es ziemt sich aber für den Menschen, gegenüber Gott mehr zu schweigen, zu fragen und geduldig zu warten, als zu reden, zu plappern, alles besser zu wissen… In Seiner Geduld und Liebe lässt sich Gott auch manchmal unsere Kritik gefallen, ja sogar unser Schimpfen, Murren und Meckern…, aber so etwas darf man nicht planen, wir haben kein Recht darauf, es sollte nicht der normale Umgangston sein – höchstens die Ausnahme, die die Regel bestätigt.
Gewöhnlich spricht Gott durch die Ereignisse des Tages, die man betend in Seinem Licht überdenkt. Es ist auch gut, zu Beginn der Anbetungszeit einen Abschnitt aus der Bibel zu lesen, um so „ins Gespräch” zu kommen. Manchen Menschen ist es gegeben, dass sie im Herzen gewisse Worte von Jesus (oder Maria…) wahrnehmen, die sogenannten Einsprechungen.
Aber darauf soll man nicht warten. Das ist eine Ausnahme, die auch eine besondere geistliche Begleitung erfordert, damit man nicht in die Irre geht. Der gewöhnliche Kontakt mit Gott besteht darin, dass jemand beim anbetenden Verweilen im „Herzen” erspürt, was Gott ihm heute sagen will. Man erkennt, was „richtig“ ist, was man zu tun oder zu lassen hat. Innere Klarheit und Ruhe schenken neuen Herzensfrieden.

c) Die dritte Dimension der Anbetung besteht in der Hingabe

Wer sich von neuem für die volle Wahrheit Gottes auftut und ehr-lich nach dem gesucht hat, was IHM gefällt, der ist auch bereit das zu tun, was er als richtig, also als Willen Gottes erkannt hat. Darum fängt die Hingabe mit der Bereitschaft zum Dienen an. Man betet nicht nur mit dem jungen Samuel: „Rede, Herr, dein Diener hört“ (1 Sam 3,9), sondern fragt auch: „Was sollen wir also tun?“ (Lk 3,10). Echtes Gebet, wirkliche Anbetung bleibt nicht bei sich selber stehen – sie führt zur Tat, zum neuen Einsatz für die Anliegen Gottes. Und das mit Freude! Aus der anbetenden Dienstbereitschaft erwächst dann der Lobpreis Gottes, die Dankbarkeit, dienen zu dürfen. Es ist etwas ganz „Natürliches“, wenn das Gebet – je nach Alter, Temperament und Talenten des Betenden – in Singen, Musizieren, ja Tanzen einmündet, oder aber auch in einer stillen Glückseligkeit verharrt. Die Freude des Herzens, das einen tieferen Einklang mit Gott gefunden hat, sucht den feiernden Ausdruck. Der Mensch spürt in seinem Inneren jenen Frieden „den die Welt nicht geben kann“ – eine glückliche Harmonie mit dem Schöpfer und Vater aller Dinge und Wesen. Es ist die Erfahrung einer neuen und tieferen Einheit mit und in Gott. Man beginnt zu verstehen, dass der Mensch genau für diese Einheit mit Gott geschaffen ist, die er am deutlichsten im Lobpreis der Anbetung erfährt.
Nach dem biblisch-christlichen Weltbild ist die „Einheit mit Gott und der ganzen Schöpfung“ allerdings nicht pantheistisch zu verstehen. Gott steht über der Schöpfung und ist nicht ein Teil davon. Die Menschen werden nicht zu Gott, wenn sie auch durch die freie und liebende Annahme des Willens Gottes in gewisser Weise „vergöttlicht“ werden. Es ist ähnlich wie mit einem Stück Eisen, das in die Feuersglut gehalten ganz durchglüht wird. Wenn man es dann herausnimmt, scheint das Eisen zu Feuer geworden zu sein – so feurig sieht es jedenfalls aus. Aber es bleibt doch nur Eisen. Ähnlich wird der Mensch in der vollen Anbetung „göttlich durch Anteilnahme“, durch die Vereinigung mit Gott im Heiligen Geist. Darauf zielt ja das Wort Gottes, die Sakramente, ja das Leben der Kirche überhaupt hin, nämlich den Menschen zu „vergöttlichen“.

3. WARUM WIRD BEI DER ANBETUNG EINE MONSTRANZ AUF DEN ALTAR GESTELLT?

Wie schon gesagt, ist das Wichtigste bei der Anbetung die innere Einstellung, also die Haltung des Menschen. Man kann Gott überall anbeten und das in jeder körperlichen Stellung. Dennoch braucht der Mensch äußere Zeichen und Formen, Symbole und Feiern, wenn er etwas Wichtiges ausdrücken will. Das, was wir in der Anbetung Gott sagen wollen, ist so entscheidend, dass wir die stärksten Zeichen und Symbole zu Hilfe nehmen.
Durch das Sakrament der Eucharistie ist uns die vollste Form der Gegenwart Gottes geschenkt worden. Jesus von Nazareth ist in der Eucharistie unter der Gestalt des Brotes und des Weines gegenwärtig, als Gott und als Mensch, mit Leib und Seele, mit Fleisch und Blut! Das ist etwas ganz Wunderbares und Gewaltiges, das wir in der Heiligen Kommunion nicht nur persönlich erleben dürfen. Wenn der Leib Christi in der Monstranz auf den Altar gestellt wird, damit alle gut auf das Heilige Brot schauen können, dann ist das wie eine Verlängerung der Eucharistiefeier, besonders der Heiligen Kommunion. Wir haben jetzt mehr Zeit für ein persönliches „Gespräch“ mit Jesus, für ein liebendes Beisammensein…
Natürlich kann man auch ohne dieses eucharistische Zeichen gut anbeten, sich Gott schenken und von Ihm beschenkt werden, z.B. unter einem Kreuz, vor einem Bild, auf einem Berggipfel, im Wald, in der Wüste oder auch im Gedränge der U-Bahn… Es geht ja nicht um das Erleben der schönen Landschaft, sondern um die Hingabe an Gott.
Echte Anbetung ist immer ein Geschenk, eine Gnade. Es gilt auch hier, mit der Gnade Gottes gut zusammenzuarbeiten. Darum kann man die Anbetung auch nicht durch gewisse Techniken erreichen (z.B. durch fernöstliche Meditation). Dennoch kommt es darauf an, gute Bedingungen zu schaffen, die uns helfen, uns für die Gnade zu öffnen. Die Gegenwart Jesu im Allerheiligsten Altarsakrament und die geheimnisvolle Ausstrahlung, die von der Monstranz ausgeht, ist eine besonders kostbare Hilfe für den „Einstieg“ in die Anbetung.
Auch das gemeinsame Beten in einem geweihten Raum, die zeit-weilige Stille, aber auch das gemeinsame Singen, das Horchen auf Schrifttexte, Zeugnisse… können eine wertvolle Unterstützung für die persönliche Begegnung mit Gott sein.

4. WAS MUSS MAN BEACHTEN, UM SICH GUT FÜR DIE ANBETUNG ZU ÖFFNEN?

Es wurde schon gesagt, dass es hier nicht um Techniken geht, die man üben könnte, bis sich dann das Gewünschte endlich einstellt, bis es „funktioniert“. Es gibt aber gewisse Regeln, auf die es sich lohnt hinzuweisen, weil sie helfen, sich für die Gnade, also das Geschenk der Anbetung zu öffnen. Es ist ähnlich wie bei einer Bergwanderung: Das außergewöhnliche Gipfelerlebnis kann man auch nicht planen, aber man darf ihm entgegenhoffen. Es steht nicht immer im Verhältnis zur eigenen Anstrengung und dauert eigentlich recht kurz, wenn man die Zeit dort oben mit den ausführlichen Vorbereitungen der Bergtour und dem stundenlangen Marsch vergleicht… So wie die Bergsteiger ihre Regeln haben und beachten, gibt es auch Regeln für die „geistliche Bergbesteigung“ in der Anbetung:
Besonders für Anfänger dauert „eine Stunde Anbetung“ recht lang, aber ein anderes Mal verfliegt diese Stunde wie die Zeit des Beisammenseins bei einem verliebten jungen Paar. Darum ist es gut, sich, unabhängig von der Stimmungslage, an eine gewisse Ordnung zu halten. Hier ein Vorschlag:

a) Einleitungsgebet

Es ist hilfreich, zunächst bewusst an die Gegenwart Gottes zu denken und den Heiligen Geist, sowie andere Helfer im Himmel, um Hilfe zu bitten… Man sollte dabei „den Strom einschalten“, d.h. anfangen bewusst zu lieben. Es kann helfen, wenn man sich z.B. im Herzen sagt: „Ich bin hier um zu lieben, Jesus, du hast mich aus Liebe geschaffen, lass mich in dieser Anbetungszeit meine Liebe zu dir vertiefen…“. Dann geht es darum, die „Antenne“ des Herzens gut einzustellen: Wir wollen den Heiligen Geist hören… Dabei ist es wichtig die Störsender auszuschalten, innerlich still zu werden, andere Themen beiseite zu lassen (auch z.B. das Handy abzustellen usw.)

b) Wort Gottes

Es geht um das Wahrnehmen der inneren Stimme „von oben“. Dabei sollte der Text (aus der Bibel oder aus einem anderen geistlichen Buch) nur eine Starthilfe sein. Es ist ähnlich wie bei einem Akku, der hilft, den Motor in Gang zu bringen (oder später wieder zu starten, wenn er versehentlich abgewürgt wurde). Sobald der Motor anspringt, lässt man den Anlasser in Ruhe. Im Bedarfsfall wird wiederholt. Der gelesene Text hilft in diesem Fall, ins persönliche Gespräch mit Gott zu kommen…

c) Aushalten

Es kommt vor, dass jemand nach anfänglicher Hochstimmung und Begeisterung für die Anbetung plötzlich eine innere Trockenheit durchmacht: Es bringt mir nichts mehr! Es macht Mühe, überhaupt da zu sein. Alles lenkt ab – von innen wie von außen… Und doch ist es dann ganz wichtig, nicht gleich aufzugeben. Die hier abgeforderte Geduldsprobe hat schon als solche ihren Wert. Aber auch unsere „bloß“ physische Gegenwart bedeutet für Jesus sehr viel, wenn sie ein Zeichen der Liebe ist. Sag IHM doch, wie schwer es dir fällt und bitte, dass Er dein Aus- und Durchhalten (entsprechend der anfangs ausgemachten Zeit) als Geschenk und Zeichen des guten Willens annimmt…

d) Notizen, Singen, Weinen, Musizieren, Malen, Tanzen…?

Es kann sein, dass dein Herz manchmal zu jubeln anfängt und die innere Stimmung Freude oder auch Trauer ausdrücken will. Schäme dich nicht, vor Jesus auch den Tränen freien Lauf zu lassen – gerade sie können helfen, so manche Wunde auszuheilen… Wenn es nicht gerade andere Leute stört, dann kann auch lautes Singen und Musizieren, ja sogar das Lobpreis-Tanzen ein wunderschöner Ausdruck von Dankbarkeit und Hingabe, vertiefter Freundschaft und Liebe sein. Manchmal helfen auch Notizen, ein „Brief“ an Jesus, oder eine Zeichnung… über einen toten Punkt hinweg.

e) Überleiten in den Alltag

Die Anbetung darf keine Flucht aus dem Leben sein, aus der Verantwortung, weg von den Pflichten… Es geht vor allem um das liebende Miteinander mit Jesus, das keine nähere Begründung oder Rechtfertigung braucht. Darüber hinaus darf und soll die Anbetung auch eine Quelle der Freude und Kraft, des Friedens und des Glaubens für das konkrete Alltagsleben sein. Man soll es merken und sehen können, wenn jemand von einer echten Zeit der Anbetung heimkommt. Damit ist kein Sich-zur-Schau-stellen gemeint, aber es lässt sich nun einmal nicht verheimlichen, wenn jemand sich neu in die Liebe Gottes hineinversenkt hat.
Es ist wichtig, vor dem Abschluss der vorgesehenen Anbetungs-zeit auch dafür zu danken, dass nun das normale Leben aus dem Glauben weitergeht: Es kommen zwar viele unvorhergesehene Dinge auf uns zu. Wer ihnen aber mit Jesus entgegengeht, kann sie wie eine „Überraschung“ annehmen – wie ein Geschenk und eine Gelegenheit, weiter liebend den Willen Gottes zu tun…

5. WELCHEN SINN HAT DIE „EWIGE“ ANBETUNG?

Sowohl in Klöstern, religiösen Gemeinschaften, wie auch in vielen Pfarreien gibt es länger andauernde Anbetungszeiten – die sogenannte Ewige Anbetung. Dabei trifft auf so manche Leute eine schwierige Stunde, z.B. mitten in der Nacht. Wäre es nicht sinnvoller, einige günstige Stunden während des Tages auszuwählen, in denen man alle bereiten Beter gemeinsam einlädt und so die Kräfte spart?
Es liegt eine geheimnisvolle Kraft in der Kontinuität solcher Ge-betszeiten. Wenn in einer Gemeinschaft immer jemand oder einige ähnlich wie ein „Ewiges Licht“ anbetend, liebend, ringend… vor den Herrn knien – welcher Segen geht doch davon auf die ganze Gemeinschaft, die ganze Kirche und Welt aus! Es ist gut, in diesem Zusammenhang an Mose zu denken, der auf dem Berg Sinai betete, während im Tal das Heer mit den Feinden kämpfte. Solange Mose die Hände zum Gebet erhoben hatte, siegten die Israeliten. Wenn er aber aus Müdigkeit die Arme einmal sinken ließ und sich eine Pause gönnte, waren die Feinde stärker. Es mutet uns etwas künstlich an, dass zwei Gehilfen schließlich dem Mose buchstäblich „unter die Arme greifen“ mussten, damit er es aushielt beim Gebet mit erho-benen Armen. Und doch war letztlich der Sieg Israels davon abhängig (vgl. Ex 17,8–6).
Diese Erfahrung Israels scheint mir auch heute noch sehr aktuell zu sein – vor allem im Zusammenhang mit der kontinuierlichen Anbetung. Es ist nicht unsere Sache, darüber zu befinden, ob eine solche „Ewige“ Präsenz vor der Monstranz, vor dem Tabernakel, oder vor einem Reliquiar… sinnvoll ist oder nicht. Es genügt zu wissen, dass Gott diese Treue und Kontinuität im Gebet und auch das äußere Zeichen von Opferbereitschaft schätzt. Vor allem kommt aber deutlich zum Ausdruck, dass ein Sieg im Reiche Gottes nicht so sehr das Verdienst der Kämpfer ist, sondern mehr noch vom Segen Gottes abhängt. Und diesen Glauben bezeugt gerade die „Ewige“ Anbetung. Bei ihr geht es nicht nur um die persönliche Hingabe an Gott. Echte Anbetung ist auch eine stellvertretende Gabe, ein Opfer für andere, ein sühnendes Geschenk auch für jene, die den Sinn des Gebetes und der Anbetung (noch) nicht (ganz) verstehen. So wird die Anbetung zur Mission und zur Teilnahme am Werk der Erlösung. Das bestätigt auch das Beispiel der Hl. Theresia vom Kinde Jesu, die als Klosterschwester hinter den Gittern der Klausur zu einer großen Patronin der Missionen wurde. Ihr ganzes Leben, mit allen Prüfungen für den Glauben, war zu einer einzigen Anbetung geworden.

Ich bete Dich an, Schöpfer und Herr, verborgen im Allerheiligsten Sakrament. Ich preise Dich für alle Werke Deiner Hände, in denen mir so viel Weisheit, Güte und Barmherzigkeit offenbart wird.

- hl. Faustina

6. MIT WELCHEN VERSUCHUNGEN MUSS MAN BEI DER ANBETUNG RECHNEN?

Es gibt immer wieder die enttäuschende Erfahrung, dass jemand bei Exerzitien, einer Wallfahrt, einem Kongress… wirkliche Höhenflüge bei der Anbetung erlebt hat, aber zu Hause, im Alltag, will es nicht mehr „gelingen“. Auch in Ordenshäusern und Seminarien kennt man diese Ernüchterung: nach einer anfänglichen Begeisterung für Anbetungsstunden sind schon bald immer weniger Anbeter in der Kapelle zu sehen, so dass man die Anbetungszeiten wieder drastisch reduzieren „muss“. Was ist da verkehrt gelaufen? Warum diese Enttäuschung? – Von den verschiedensten Fehlern, die sich in diesem Zusammenhang einschleichen können, seien hier drei herausgegriffen:

a) Das Suchen von angenehmen, gefühlsbetonten Erlebnissen

Ein Anfänger im geistlichen Leben lässt sich gerne mitreißen: Wie schön und angenehm kann es doch sein, sich von der allgemeinen geistlichen Hochstimmung einfach mittragen zu lassen, in den Sog zu geraten… Man hat den Eindruck, als wäre man schon am Ziel, als „könne“ man es schon… Bald nach dem Treffen kommt dann aber der „geistliche Muskelkater“, oder der „Katzenjammer“. Hinzu kommt noch, dass man jetzt selber für seine fromme Hochstimmung „bezahlen“ muss. Wer bei dem Treffen die Anbetung wie eine Droge genommen und vor allem geistlich genossen hat und jetzt wieder dieses angenehme Gefühl erzeugen will, erlebt schnell einmal Sinnlosigkeit und innere Leere. Besser geht es dem, der schon von Anfang an wirklich Jesus suchte und nicht sich selber im eigenen Wohlgefühl. Wer aber ehrlich Jesus sucht, ist bereit, früher oder später auch zusammen mit IHM den Kreuzweg zu gehen. Nur dieser führt über Golgota zur Auferstehung… Es sind also nicht die stimmungsvollen Kerzen, die ansprechende Musik, die neuen Gebete, das Lob-Preis-Tanzen… was zur Begegnung mit Gott führt. Das alles kann gut und hilfreich sein, aber es geht um mehr. Man muss sich von seinem egoistischen Ich befreien und sich durch das Chaos der Stimmungen und Gefühle hindurch an den Willen Gottes im gegenwärtigen Augen-blick klammern. Dann kann auch daheim unter schwierigeren Um-ständen von Familie, Beruf, Pfarrei… immer wieder der Moment der Gnade kommen und die Anbetung wieder zu einer Quelle jener übernatürlichen Freude werden, „die die Welt nicht geben kann“.

b) Die Versuchung zur Resignation, wenn die Wüste beginnt.

Wenn man sich vorgenommen hat, eine bestimmte Zeit regelmäßig, Tag für Tag der Anbetung zu widmen, erlebt man schnell einmal die ersten Prüfungen des Glaubens – ähnlich wie das Volk Israel auf dem Weg aus der Sklaverei in das Gelobte Land. Das bedeutet, dass Gott deinen guten Willen angenommen hat und für dich jetzt das ernsthafte Training beginnt. Das kann aber nicht nur ein Honiglecken sein! Während der ersten Tage mag es noch leicht gehen, aber dann drängen sich immer mehr wichtige Dinge auf, die dich von der Anbetung wegziehen wollen: Ein dringender Brief, Pflichten, Hilfe für andere… Wir haben den Eindruck, dass nur die Kürzung der Anbetungszeit Abhilfe schafft. Wir sollten aber dabei nie vergessen, dass dem „Fürsten dieser Welt“, dem „Vater der Lüge“… sehr daran gelegen ist, uns besonders vom guten Vorsatz einer regelmäßigen Anbetungsstunde abzubringen. Er kommt also scheinheilig im Schafspelz von Pflichterfüllung und Nächstenliebe, um diese kostbare „Zeit mit Jesus“ zu stören. Glücklich, wer sich nicht abbringen lässt, wer auch einmal (vielleicht mit der Uhr in der Hand) wenigsten die Zeit „absitzt“, um dann diese Geduldsübung ganz einfach für jemanden in Not aufzuopfern, zu einem geist-lichen Geschenk zu machen. Dann kommen auch wieder Tage, an denen von innen das Wasser fließt und das Gebet wieder leichter wird.
Natürlich kann es auch eine Situation geben, in der man wirklich alles stehen und liegen lassen muss, um in einer Notsituation einzuspringen, zu retten… Das schadet dann auch nicht – vorausgesetzt, dass man anschließend gleich wieder zur heilsamen Regel zurückkehrt. Die günstigste Zeit für ein persönliches, längeres Gebet ist der Morgen – wenn noch alle anderen schlafen. Sogar ein „Morgenmuffel“ kann zu einem Frühaufsteher werden, wenn er weiß, für wen er es tut…

c) Ausrede Arbeit – „keine Zeit“

Eine besondere Schwierigkeit scheint die Flucht in die Arbeit zu sein, bevor die Anbetung überhaupt begonnen hat. Wir verfallen immer wieder dem Irrtum, dass wir meinen, durch mehr Arbeit eine Situation retten zu können, eine Familie besser durchzubringen, mehr Zufriedenheit erreichen zu können. In Wirklichkeit fehlt es an Gebet, an vertrauensvoller Zusammenarbeit mit Gott. Auf Englisch könnte man das so ausdrücken: „When you are too busy to pray – you are too busy!“ (Wenn du zu beschäftigt bist, um zu beten – dann bist du eben zu beschäftigt!). Da wäre es gut einmal, vielleicht mit Hilfe von anderen, die objektiver sehen (z.B. geistliche Begleitung, Gruppe…) seine Situation zu überprüfen: Vielleicht möchte dir der Herrgott wirklich selber helfen, aber du lässt ihn nicht an dich heran. Vielleicht hast du Angst, der Wahrheit ins Auge zu schauen? Hast du noch nicht erfahren, dass man manchmal in ganz kurzer Zeit viel mehr schafft, als an anderen Tagen der Mühe von morgens bis abends? Vielleicht hat es nur am Segen von oben gefehlt, dass alles so schwer ging. Früher sagten die Leute: „An Gottes Segen ist alles gelegen!“ Der Herrgott hat es seinem auserwählten Volk so oft gezeigt, wie man mit wenigen Kriegern ein großes Heer besiegen kann, wenn ER selber dabei ist und mithilft. Ob wir nicht viel zu oft und zu schnell wiederholen: „Ich habe keine Zeit“…?! Wir sollten ehrlicher sagen: „Dafür habe ich keine Zeit“ – dann würden wir auch eher merken, woran es eigentlich fehlt. Vielleicht mangelt es vor allem an Gottvertrauen und an der wirklichen Bereitschaft, den Willen Gottes zu suchen und zu tun.

7. WAS KANN ICH SELBER TUN, DAMIT AUCH IN MEINER PFARREI REGELMÄßIGE ANBETUNGSSTUNDEN EINGEFÜHRT WERDEN?

Es wird selten vorkommen, dass ein Pfarrer geradezu darauf wartet, dass jemand ihm vorschlägt, in der Gemeinde regelmäßige Anbetungsstunden zu organisieren. Es soll allerdings in einer Großstadtpfarrei auch folgendes passiert sein: Der Pfarrgemeinderat wollte, dass die Kirche tagsüber abgeschlossen wird, weil Diebstahl und andere unpassende Dinge im Kirchenraum vorkamen. Der Gegenvorschlag vom Pfarrer bestand darin, dass er es mit der „Ewigen Anbetung“ versuchen wollte. Er fand nach einigem Suchen und Ermuntern vor allem unter den Rentnern so viele Freiwillige, dass die Kirche nicht nur tagsüber offen blieb, sondern auch nachts! Selbst war er auch oft unter den Betern anzutreffen, die sehr bald die Schönheit und den Wert der Anbetung entdeckten – weit über den praktischen Anlass hinaus.
Sicher lässt sich diese Geschichte nicht einfach kopieren, aber der Mut, gegen den Strom zu schwimmen, hat schon viele Früchte her-vorgebracht. Du könntest doch vor allem bei dir selber anfangen mit der regelmäßigen Anbetung in der Kirche (auch wenn du dir dazu den Schlüssel ausleihen müsstest!). Am Anfang genügt der Tabernakel. Vielleicht findest du unter deinen Bekannten solche, die sich begeistern und „mitnehmen“ lassen. Wenn eine Gruppe mit regelmäßigen Anbetungstreffen entsteht, könnte man dem Herrn Pfarrer den Vorschlag machen, zunächst einmal in der Woche – vielleicht vor oder nach der Abendmesse – das Allerheiligste auszusetzen. Die Früchte dieser Andacht entwickeln dann selber alles Weitere. Wenn du alle diese Bemühungen, Schwierigkeiten, Rückschläge… aus Liebe zu Jesus auf dich nimmst, und es dir vor allem darum geht, dass ER mehr geliebt wird, dann wirst du wirklich Wunder erleben!  

4. Teil - TEXTE ZUR VERTIEFUNG (B)

1. WARUM SOLLEN WIR GOTT ANBETEN?

Jeder Mensch, der begreift, dass er Gottes Geschöpf ist, wird den Allmächtigen demütig anerkennen und ihn anbeten. Die christliche Anbetung sieht aber nicht nur die Größe, Allmacht und Heiligkeit Gottes. Sie kniet auch vor der göttlichen Liebe, die in Jesus Christus Mensch geworden ist. Wer Gott wirklich anbetet, geht vor ihm auf die Knie oder wirft sich auf den Boden. Darin kommt die Wahrheit des Verhältnisses zwischen Mensch und Gott zum Ausdruck: Er ist groß, und wir sind klein. Zugleich ist der Mensch nie größer als dann, wenn er in freier Hingabe vor Gott niederkniet. Der Ungläubige, der nach Gott sucht und anfängt zu beten, kann auf diesem Weg zu Gott finden. (Youcat Nr. 485)

2. ANDACHT UND ANBETUNG

Die Heilige Messe ist eigentlich viel zu kurz. Ge¬rade dann, wenn die Eucharistiefeier zu einer per¬sönlichen Begegnung mit Christus geworden ist, braucht man Momente des Verweilens. Liebe sucht Dauer. Wenn die Beziehung zu Gott aus Knechtschaft und Pflichtverhältnis zu Kindschaft und Freundschaft herangereift ist, sind auch die Gedanken öfters bei Christus. «Dort wo euer Schatz ist, wird auch euer Herz sein». Die gemeinsame Andacht vor dem ausgesetzten Allerheiligsten möchte Gelegenheit geben, über die Messe hinaus noch länger bei den Geheim¬nissen unseres Heiles zu verweilen. Kerzen, Mon¬stranz, Velum und Weihrauch deuten die königliche Herrlichkeit Christi an. Er ist nicht nur unser Bruder, sondern Herr und Richter der Welt. In der Anbetung verneigen wir uns vor der Größe und dem Willen Gottes und erweisen dem Schöp¬fer die gebührende Ehre. Gleichzeitig erwarten wir die Wiederkunft Christi in der Bereitschaft, ihm den Weg in die Welt zu bahnen und für An¬erkennung und Gegenliebe zu werben. Die An-dacht ist somit eine Ausfaltung und Verlängerung der Heiligen Messe, die als «Wandlung» und «Kommunion» bereits die Neugestaltung der Welt als Reich Gottes bewirkt hat. In der Anbetung machen wir uns klein vor Gott, wir vernichten, was das Getriebe des Tages an Stolz und Eigensinn aufgebaut hat. Erst so kann uns Gott in seiner Liebe wieder groß machen. Andacht und Anbetung sind wie die Fortdauer der Heiligen Messe durch den ganzen Tag. Je nach Umständen drückt sich die Haltung mehr oder weniger feierlich und sinnenhaft aus. Ent¬scheidend in all dem ist die «Kurskorrektur» im Hinblick auf die Liebe Gottes.

3. WIE MACHT MAN DAS: „ANBETEN“?

Die Hirten, die die Weihnachtsbotschaft von den Engeln gehört hatten, eilten nach Bethlehem. Sie fanden das Kind in der Krippe und verneigten sich voll Ehrfurcht vor diesem göttlichen Geheimnis. Auch von den „Drei Königen“ heißt es, dass sie das Kind anbeteten. Auch wir sind, besonders in der Weihnachtszeit, eingeladen, vor der Krippe still zu halten… Aber was bedeutet denn eigentlich „Anbetung“? – Hier einige Gedanken dazu:

a) Was ist Anbetung?

Wenn ein Mädchen von einem jungen Mann besonders verehrt wird, dann sagte man manchmal auch, dass sie einen „Anbeter“ habe (und umgekehrt). Dieser Freund trägt sie im Herzen. Er will soweit wie nur möglich bei ihr sein, er ist bereit, für sie sogar ein Hobby aufzugeben und es macht ihm Freude, so weit wie nur möglich ihre Wünsche zu erfüllen. Er liebt sie! – Wer auf ähnlich Weise Gott liebt, der betet ihn mit Freude an. Er will Ihn besser kennen lernen und viel Zeit ausschließlich mit IHM verbringen. Er spricht mit Ihm über sein Glück und seine Leiden, über seine Pläne, Erfolge und Niederlagen… Oft genügt es, auch ohne Worte einfach nahe zu sein.

b) Warum Anbetung in der Kirche und vor der Monstranz?

Gott ist überall. Man kann in jeder Lebenslage und an jedem Ort mit Ihm in Verbindung treten, also beten. In einem geweihten Raum (Kirche, Kapelle…) ist man dabei besonders geschützt und weniger abgelenkt. Im verwandelten Brot der Eucharistie ist Jesus auch nach der Heiligen Messe geheimnisvoll gegenwärtig. Das gibt dem Gebet vor dem Tabernakel ein besonderes Gewicht. Zu bestimmten Zeiten wird das Eucharistische Brot auch in einem Zeige-Gerät (Monstranz) auf den Altar gestellt. So ist die Nähe Jesu Christi, des Gottes-Sohnes, noch mehr betont und gefeiert. Dadurch erhält die Anbetung Gottes eine besondere Würde und einen größeren Stellenwert.

c) Warum „ewige Anbetung“?

In manchen Kirchen wird die Gelegenheit der Anbetung vor der Monstranz auf längere Zeiten ausgedehnt, wenn nicht sogar Tag und Nacht fortgesetzt. In dem Fall wechseln sich die Beter gewöhnlich in regelmäßigen Abständen ab. Es ist ähnlich wie bei einer Ehrenwache. Auch die regelmäßigen Beter in der Kirche weilen nicht nur aus persönlichen Gründen vor dem Allerheiligsten – sie tun es auch stellvertretend für andere. Das erinnert uns an den betenden Mose: Solange er auf dem heiligen Berg die Hände zum Gebet erhoben hatte, siegten die Israeliten. Wenn er sie sinken ließ, waren die Gegner stärker. Mose betete mit aller Kraft und unterstützt von seinen Begleitern für die Rettung des ganzen Volkes. Auch die Anbeter in der Kirche tragen nicht nur ihren persönlichen Dank und ihre eigenen Anliegen vor Gott, sondern sie beten für alle Menschen…

d) Wie kann man anbeten, wenn man noch nicht in Gott „verliebt“ ist?

Man verliebt sich gewöhnlich nicht „auf den ersten Blick“ – „über beide Ohren“. Um wirklich mit dem Herzen an einer Person zu hängen, muss man mit ihr eine gewisse Zeit verbringen. Damit das Verweilen vor der Monstranz wirklich Anbetung wird, muss man zunächst Jesus näher kommen, sich für Ihn Zeit nehmen, mit dem Herzen auf Ihn hören, wahre Freundschaft schließen… Es ist gut, wenn man den ersten Gehversuchen bei der „Anbetung“ Jesus alles erzählt, was man erlebt hat – Gutes wie Böses… Zusammen mit IHM schaut man noch einmal auf alle diese Geschehnisse. Man dankt für das, was gelungen ist, bittet um Vergebung für seine Fehler und um Hilfe für das, was kommt. Dabei können eine besinnliche Bibel-Lesung, der Rosenkranz, geistliche Texte von „Experten des Glaubens“ (die Heiligen) eine große Hilfe sein. Das Wichtigste ist: Einfach anfangen und durchhalten, auch wenn es mal schwer wird. Auch das „Erobern“ einer geliebten Person ist oft sehr anstrengend. Maria und die Heiligen helfen Dir gerne. Bitte sie darum!

4. VOR DER MONSTRANZ

Du bist da – ich bin hier…
ich danke Dir dafür.

Du bist da – ich bin hier…
ich neige mich vor Dir.

Du bist da – ich bin hier…
ich öffne meine Tür.

Du bist da – ich bin hier…
ich schenke mich ganz Dir.

Du bist da – ich bin hier…
ich freue mich mit Dir.

Du bist da – ich bin hier…
Dein Kreuz gehört auch mir.

Du bist da – ich bin hier…
ich liebe eins mit Dir.

Du bist da – ich bin hier…
ich segne für und für.

Du bist da – ich bin hier…
ich sehne mich nach Dir.

Du bist da – ich bin hier…
Dein Himmel ist in mir.

5. EUCHARISTISCHER SEGEN

Es ist üblich, eine feierliche Andacht vor dem ausgesetzten Allerhei-ligsten mit dem eucharistischen Segen abzuschließen. Der Priester (Diakon) erhebt die Monstranz oder den Speisekelch und zeichnet ein Kreuz über die versammelten Gläu¬bigen. Es ist üblich, ein Segensgebet mit dem Zeichen des Kreuzes zu bekräftigen. Am Kreuz hat Christus uns die Gnade Gottes durch sein Blut erkauft. Aller Segen kommt also durch seinen Kreuzestod. Wer darum um den Segen bittet und sich bekreuzigt, zeigt damit die Bereitschaft, vom Kreuz her die Liebe Gottes anzunehmen. Mit dem Kreuzzeichen stellen wir uns selber unter das Kreuz. Wir reihen uns unter jene ein, die dort mit Maria an die Liebe Gottes glauben, auch wo es für den Verstand dunkel wird. Wer sich im Zei¬chen des Kreuzes durch den erhobenen Leib Chri¬sti segnen lässt, erneuert sein Jawort, das er beim Empfang der Heiligen Kommunion zum Opfertod Christi gesagt hat. Gleichzeitig ist der eucharistische Segen Jawort der Fürbitte der Kirche für all jene, für die der Herr gestorben ist.

6. DAS NIEDERKNIEN VOR DER EUCHARISTIE

ist Bekenntnis der Freiheit: Wer sich vor Jesus niederkniet, kann und darf sich vor keiner noch so starken irdischen Macht niederwerfen. Wir Christen knien nur vor dem Allerheiligsten Sakrament, weil wir wissen und glauben, dass in ihm der einzige wahre Gott gegenwärtig ist, der die Welt geschaffen und so sehr geliebt hat, dass er seinen einzigen Sohn hingab (…) Die Anbetung ist Gebet, das die eucharistische Feier und Gemeinschaft verlängert und von dem sich die Seele weiter nährt: Sie nährt sich von Liebe, Wahrheit, Frieden; sie nährt sich von Hoffnung, weil derjenige, vor dem wir uns niederwerfen, uns nicht richtet, uns nicht zerbricht, sondern uns befreit und verwandelt.

(Benedikt XVI., Predigt 22.05.2008)

7. DER BESUCH BEIM TABERNAKEL

In der frühen Zeit des Christentums gab es den Brauch, jenen, die auf Seereise gingen, einen Teil vom Heiligen Brot der Eucharistiefeier mitzuge¬ben. Auch manche Einsiedler, die längere Zeit in der Zurückgezogenheit lebten, trugen den Leib des Herrn mit sich in die Wüste. So konnten sie gleichzeitig die Einheit mit Gott und der Ge¬meinde stärken.
Ursprünglich bewahrte man das Allerheiligste vor¬wiegend für die Kranken auf. Mit der Zeit ist dann stärker ins Bewusstsein gekommen, welch kostbares Vermächtnis uns der Herr durch seine eucharistische Gegenwart im Tabernakel hinter¬lassen hat. Es ist wie eine Unterstreichung des Satzes: Ich bin bei euch alle Tage bis zur Voll¬endung der Welt (Mt 28,20).
Wohl gibt es viele Arten der Gegenwart Gottes in der Welt. Christus begegnet uns ja z. B. in je¬dem Nächsten, besonders den Notleidenden. Die Nähe des Herrn im Tabernakel ist aber etwas Unermessliches. Welche Stille und Zurückhaltung Gottes! Er hat sich nicht nur zum Menschen ge¬macht, sondern wird in den Gestalten von Brot und Wein zu Speise und Trank. Gott lässt über sich verfügen — so sehr hat er sich in die Hände der Menschen ausgeliefert! Das ist Liebe Gottes, die in unendlicher Vornehmheit und Zurückhaltung die Freiheit des Menschen achtet und aus¬hält.
Und Gott kann warten! Er ist die Geduld, weil er Liebe ist. Auch dafür ist der Tabernakel ein deutliches Zeichen. Gott bietet sich an, aber er drängt sich nicht auf. Er macht sich so klein, dass seine Ge-genwart nicht mehr zum Schrecken für den Menschen wird, sondern eine Quelle der Ruhe, des Friedens.
Vor dem Tabernakel braucht man nicht viele Worte zu machen. Er lädt zu einer stillen Begeg¬nung ein: «Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und unter Lasten stöhnt! Ich werde euch Ruhe verschaf-fen» (Mt 11,28).

8. ES IST UNBEGREIFLICH,

es ist außerordentlich, es ist etwas, was immer tiefer in meine Seele eindringt: Dein Verweilen dort im Schweigen des Tabernakels. Ich komme in die Kirche am Morgen und treffe Dich dort an. Ich eile in die Kirche, wenn ich Dich liebe, und finde Dich dort. Ich gehe zufällig, aus Gewohnheit oder aus Ehrfurcht dort vorbei und begegne Dir.
Und jedes Mal sagst Du mir ein Wort. Du ordnest meine Gefühle. Und mit immer neuen Variationen komponierst Du ein einziges Lied in mir, das mein Herz schon auswendig weiß. Es wiederholt nur dieses Wort: Ewige Liebe.
Herr Gott, Du konntest nichts Besseres erfinden! Dieses Dein Schweigen, in dem der Lärm unseres Lebens verstummt, dieser stille Herzschlag, der jede Träne trocknet — dieses Schweigen… Dieses Schweigen, das herrlicher klingt als ein himmlisches Konzert. Dieses Schweigen, das dem Verstand das ewige Wort gibt und dem Herzen den Trost Gottes. Dieses Schweigen, in dem sich jede Stimme wiederfindet, in dem sich jedes Gebet verwandelt weiß — diese Deine geheimnisvolle Gegenwart…
Hier ist das Leben, hier die Erwartung. Hier findet unser kleines Herz Ruhe, um sich rastlos wieder auf den Weg zu begeben.

(Chiara Lubich)

9. ICH WARTE AUF EUCH

Ich vernahm in meinem Herzen die Stimme von Jesus: „Ich ließ mich im Tabernakel einsperren. Ich bin hier gehindert und von eu-rer Liebe abhängig. Mit Geduld und Ausdauer warte ich auf euch, auf eure Besuche, auf ein Zeichen der Liebe.“ (In diesem Moment ver-stand ich, dass wir Jesus einengen, wenn wir gleichgültig und ohne Gespür für seine Gegenwart bleiben.) „Im Tabernakel erleide ich viel Einsamkeit und Verlassenheit, weil ich nur von wenigen besucht werde. Denkt doch daran, dass ich in der Kapelle gegenwärtig bin! Geht nicht gleichgültig an mit vorbei, sondern seid euch bewusst, dass ich dort gegenwärtig bin!“

(Geistliche Erfahrung einer Ordensschwester)

10. WAS IST MIT „EHRFURCHT“ GEMEINT?

Manche Leute hören aus dem Wort „Ehrfurcht“ nur die Furcht her-aus. Da kommt wieder ein altes heidnische Gottesbild zum Vor-schein: „Angst vor Gott, Strafe, Rache… Ich muss mich schützen vor Gott – er soll mich nicht erwischen…!“ Auch Adam und Eva haben sich nach dem Sündenfall zunächst versteckt…

Christliche Ehrfurcht ist aber keine Angst vor Gott, sondern die „Furcht“ davor, Gott und seiner Schöpfung… nicht die gebührende Anerkennung und Ehre zu geben. Denn dadurch würde man sich auch selber Unrecht antun! Wenn man z.B. übersieht oder missachtet, dass Gott der Schöpfer und Herr der Welt ist, fügt man sich letztlich selber den größten Schaden zu. Aber da ist noch mehr zu beachten: Gott ist Vater, ist Liebe! Er hat also ein Herz, das verletzlich ist. Die Gleichgültigkeit, ja das Ignorieren Gottes trifft ihn mehr als menschliche Schwächen und Ungehorsam. Die große Sünde unserer Zeit ist darum ein Leben, als ob es keinen Gott gäbe…
Gesunde Ehrfurcht vor Gott bedeutet das Besorgt-Sein darum, Gott ja nicht weh zu tun – Ihn ja nicht zu enttäuschen. Schon der Gedanke daran flößt uns eine gewisse „Furcht“ vor uns selber ein: Ich will den Herrgott doch nicht beleidigen (also Leid zufügen), denn ich glaube trotz allem Unverständlichen in der Welt an seine Liebe! Ehrfurcht ist also eine gewisse Furcht vor sich selber: Ich will niemandem ein Unrecht zufügen oder wehtun – weder Gott, den Mitmenschen noch mir selber.

11. DIE BEDEUTUNG DES KNIENS

Was tut einer, wenn er hochmütig wird? Dann reckt er sich, hebt Kopf und Schultern und seine ganze Gestalt. Alles an ihm spricht: «Ich bin wichtig. Ich bin groß. Ich bin mehr als die anderen, mehr als du da vor mir!» Ist aber jemand demütigen Sinnes, fühlt er sich klein, so senkt sich sei¬ne Gestalt. Er «erniedrigt sich», sagt der Herr: Umso tiefer, je größer der ist, der vor ihm steht; je weniger er selbst in seinen eigenen Augen gilt; je lebendiger er seine Gren¬zen empfindet. Wo aber spüren wir deutlicher, wie wenig wir sind, als wenn wir vor Gott stehen?
Der große Gott, der gestern war wie heute und noch nach hundert und tausend Jahren, weil Er ewig ist. Der dieses Zimmer durchwaltet, und die Stadt, und die weite Erde, und den unermesslichen Sternenraum, und alles ist vor Ihm wie ein Stäubchen. Der heilige Gott, rein, gerecht und von unendlicher Hoheit. Wie ist er groß!
Und ich klein, so klein… man möchte sagen: wesenhaft klein, dass ich mich mit Ihm überhaupt nicht vergleichen kann… dass ich ein Garnichts bin vor Ihm! Da kommt es einem ganz von selbst, dass man vor Ihm nicht stolz dastehen darf. Man möchte die eigene Gestalt niedriger machen, da¬mit sie sich nicht so anmaßend aufrecke – und siehe, schon ist die Hälfte ihrer Höhe geopfert: Der Mensch kniet. Und ist es seinem Herzen noch nicht genug, so mag er sich noch beugen dazu. Dann spricht die gesenkte Gestalt: Du bist der große Gott, ich aber bin ein Nichts! Doch nein, das wäre wieder falsch. Ich bin nicht Nichts, sondern «Etwas», sogar etwas Geheimnisvoll-Großes, aber durch Ihn. Die Menschengestalt spricht: Ich bin Dein Ebenbild, durch Dich gedacht und geliebt und geschaffen, Du mein Ur-Bild!
Wenn du die Knie beugst, lass es kein hastig-leeres Ge¬schäft sein. Gib ihm eine Seele. Die Seele des Kniens aber ist, dass auch drinnen das Herz sich in Ehrfurcht vor Gott neige; in jener Ehrfurcht, die nur Gott erwiesen werden kann: dass es anbete.
Wenn du in die Kirche kommst oder sie verlässt, oder am Altar vorbeigehst, und niederkniest, tief, langsam, dann soll dein ganzes Sein sprechen: «Mein großer Gott…!» Das ist dann Demut und ist Wahrheit, und jedes Mal wird es deiner Seele gut tun.

(Romano Guardini)

12. SO VIEL WIE…

Dein Gebet ist so viel wert –
wie Deine Liebe…

Deine Arbeit ist so viel wert –
wie Dein Dienen…

Deine Eucharistie ist so viel wert –
wie Dein Opfer…

Deine Beichte ist so viel wert –
wie Deine Reue…

Deine Frieden ist so viel wert –
wie Dein Erbarmen…

Dein Leben ist so viel wert –
wie Dein Sterben…

Dein Sterben ist so viel wert –
wie Deine Hingabe…

13. GOTT IST LIEBE

Ich verstehe Dich nicht –
und ich muss es auch nicht,
denn ich glaube an Deine Liebe…

Ich verberge mich nicht –
und ich muss es auch nicht,
denn ich glaube an Deine Liebe…

Ich schaffe es nicht –
und ich muss es auch nicht,
denn ich glaube an Deine Liebe!

14. ICH BIN FÜR EUCH DA

Es gibt viele Worte in der Heiligen Schrift, die einfach unübersetz-bar sind. Wir haben in unserer Sprache keinen einzelnen Begriff, der das Ge¬meinte wiedergeben könnte. Wenn man also kei¬nem Irrtum verfallen will, muss man längere Er¬klärungen geben.
Das ist auch notwendig bei dem Wort «Gedächt¬nis». Wenn man die Aufforderung Jesu: «Tut dies zu meinem Gedächtnis!» (Lk 22,19) oberfläch¬lich hört, so scheint es nur darum zu gehen, dass man zurückdenkt. Christus will aber viel mehr als nur in der Erinnerung weiterleben. «Gedächt¬nis» (Anamnese) bedeutet als biblisches Fachwort nicht nur die Gegenwart in Gedanken, sondern ein wirkliches und volles Dasein. Wenn in der Liturgie das Wort Gottes verkündet wird, so spricht Gott selbst zu uns. In der Eucharistie wird der Opfertod und die Auferstehung Christi nicht nur bildlich dargestellt, sondern zeichenhaft (sa¬kramental) gegenwärtig.
«Ich bin für euch da» — so etwa kann man den Namen «Jahwe» übersetzen, der im Alten Testa¬ment Mose als Namen Gottes offen-bart wurde. Durch alles Auf und Ab in der Geschichte Is¬raels wird dieser Name immer wieder bestätigt bis hin zu Christus. Diese liebende und bejahende Nähe Gottes kommt für uns am stärksten in der Heiligen Messe zum Ausdruck. Gott ist in vielfältiger Weise für uns da: Er schenkt sich uns im Wort und in den eucharistischen Gaben, er ist gegenwärtig in der Mitte der Gemeinde, die in seinem Namen versammelt ist, sowie im bevollmächtigten Priester («Wer Euch hört, hört mich»).
So wird das Gedächtnis Christi zur Gegenwart der Erlösung. Die Heilige Messe ist gleichzeitig Anfang des wiederkommenden Herrn, dessen Liebe alles richtet. In der Liturgie wird der Auf¬erstandene gegenwärtig. Er durchbricht die Schran¬ken von Raum und Zeit und nimmt den Glau¬benden verhüllend und hinweisend zugleich hin¬ein in die ewige Liebesgemeinschaft Gottes.

5. Teil - EUCHARISTISCHE GEBETE

HIMMLISCHER VATER,

um die Menschen zur Ein¬heit zu verbinden, schenkst Du uns durch Deinen Sohn das Sakrament des Friedens und der Liebe. So sehr hast Du die Welt geliebt, dass Du Deinen Sohn für sie dahingegeben hast.
Du hast Deinem Sohn einen Leib bereitet; er hat ihn uns zur Speise gegeben. Alle dürfen von diesem Brote essen, und so viele auch kommen, alle werden satt. Das gemeinsame Mahl eint alle miteinander wie die Glieder eines Leibes.
Wir alle essen ein Brot und werden dadurch ein Leib. Wie dieses Brot aus vielen Körnern eins wurde, und aus vielen Trauben der Wein zusammenfloss, so führe dieses Sakrament Deine Kirche von allen Enden der Welt zusammen. Dein ist die Ehre und die Macht durch Jesus Christus in Ewigkeit.
Wie Du, Vater, Deinen Sohn liebst, so hat Dein Sohn uns geliebt und uns Freunde genannt. Er hat ja gesagt: Eine größere Liebe hat niemand, als wer sein Leben hingibt für seine Freunde. Wir preisen Dich, Vater, durch dieses Sakrament der Güte, das Siegel der Einheit, das Band der Liebe.
Wenn einer seine Gabe zum Altare bringt und sich da erinnert, dass sein Bruder etwas wider ihn hat, dann lasse er seine Gabe vor dem Altar, gehe hin und versöhne sich mit seinem Bruder. Dann komme er und opfere.
Vater, lass uns in Deinem Sohne untereinander eins sein, wie er eins ist mit uns. Dein Sohn ist vom Himmel gekommen, das Feuer der Liebe zu bringen. Was will er anderes, als dass es brenne in unseren Herzen.
Lass uns im Heiligen Geist alle eins sein, wie Du im Geiste eins bist mit Deinem Sohne. Sakrament der Güte, hilf uns von Herzen gut sein. Siegel der Einheit, gib uns den Frieden.
Band der Liebe, schließe uns zusammen. Amen.

GOTT VATER IM HIMMEL,

durch das Blut Deines Sohnes haben wir erfahren, wie sehr Du uns liebst. Wir danken Dir für diese Quelle des Erbarmens und bitten Dich: Lass uns das heilige Messopfer so mitfeiern, dass wir immer mehr unser eigenes Leben mit dem Opfer Jesu Christi vereinen. Schenke uns Deine Liebe für alle, die Leid tragen, die an Leib oder Seele krank sind, und bewahre uns mit Maria die Treue unter dem Kreuz.

VOR DER HEILIGEN MESSE

Herr Jesus Christus, du hast mich an deinen Tisch geladen. Deine Liebe will mir neues Leben schenken. Ich kann von neuem dein Wort, deinen Leib und dein Blut empfangen, um mich so zu reinigen und die Freundschaft mit dir zu vertiefen. Deshalb will ich mich zunächst mit allen Menschen versöhnen. Ich will jenen verzeihen, die mir ein Unrecht angetan haben und mit deiner Hilfe will ich alles nur Mögliche tun, um jenen entgegen zu kommen, die mir gegenüber verschlossen sind. Dein Heiliger Geist möge mein Herz öffnen für die ganze Welt. In Einheit mit dem Heiligen Vater und allen Bischöfen möchte ich das Band der Liebe in der Kirche verstärken und mich von neuem für alle Menschen öffnen, die dich so sehr brauchen.
Erlaube mir, Jesus, meine bescheidenen Gaben und Anstrengun-gen mit deinem Opfer zu vereinen.

(An dieser Stelle kannst du das aufzählen, was du heute Gott schenken möchtest.)

Mein Leben – eins mit deinem Tod und deiner Auferstehung – möge eine Freude sein für den Vater im Himmel und ein Segen für die Menschen auf der Erde! Zusammen mit dir will ich leben für das Heil der ganzen Welt. Zusammen mit dir will ich der Versöhnung dienen, damit die Menschen nicht nur in Frieden miteinander leben, sondern auch in Harmonie mit der Schöpfung. Denn diese ist deine Gabe und Aufgabe. Indem ich dich in der Eucharistie empfange, will ich mich selber von neuem annehmen, wie es deinen Plänen und meiner Berufung entspricht. Ich möchte nichts anderes sein, als eine Dankes-Gabe – Eucharistie!

SEELE CHRISTI, HEILIGE MICH,

Leib Christi, rette mich. Blut Christi, tränke mich. Wasser der Seite Christi, wasche mich. Leiden Christi, stärke mich. O gütiger Jesus, erhöre mich. Verbirg in Deinen Wunden mich. Von Dir lass nimmer scheiden mich. Vor dem Bösen Feind beschirme mich. In meiner Todesstunde rufe mich, und heiße zu Dir kommen mich, mit Deinen Heiligen zu loben Dich in Deinem Reiche ewiglich. Amen.

MEIN HERR UND MEIN GOTT,

nimm alles von mir,
was mich hindert zu Dir.

Mein Herr und mein Gott,
gib alles mir, was
mich fördert zu Dir.

Mein Herr und mein Gott,
nimm mich mir und
gib mich ganz zu eigen Dir.

(Bruder Klaus)

FRIEDENSGEBET

Gott, mache mich zu einem Werkzeug des Frie¬dens,
dass ich Liebe bringe, wo Hass ist,
dass ich verzeihe, wo Schuld ist,
dass ich vereine, wo Zwietracht herrscht,
dass ich Wahrheit bringe, wo Irrtum ist,
dass ich den Glauben bringe, wo Finsternis ist,
dass ich Freude bringe, wo Leid ist,

nicht um getröstet zu werden, sondern um zu trösten,
nicht um verstanden zu werden, sondern um zu verstehen,
nicht um geliebt zu werden, sondern um zu lie¬ben,

nur dieses ist wichtig,

denn da wir geben, empfangen wir,
da wir verzeihen, erhalten wir Vergebung,
da wir sterben, gehen wir ins neue Leben. (Franz von Assisi)

HILF MIR, HERR, ZU DIENEN WIE DU ES VERDIENST:

zu geben, ohne die Mühe zu scheuen;
zu helfen, ohne nach Ruhe zu fragen;
zu kämpfen, ohne auf die Wunden zu achten;
zu arbeiten, ohne einen anderen Lohn zu erwarten
als mitzuwirken, dass Deine Welt
eins werde in der Liebe. (Franz Xaver)

DENK DU IN MIR, O JESUS,

dann denk ich licht und klar; sprich Du aus mir, o Jesus, dann sprech ich mild und wahr; wirk Du durch mich, o Jesus, gerecht ist dann mein Tun, geheiligt meine Arbeit, geheiligt auch mein Ruh'n; erfüll mein ganzes Wesen, durchdring mein ganzes Sein, dass man aus mir kann lesen die große Liebe Dein.

EUCHARISTISCHER ROSENKRANZ

Eine dem Autor bekannte Ordensfrau hatte bei der Betrachtung den Eindruck, dass Jesus ihr einen „Eucharistischen Rosenkranz“ anvertraute, der so wie der Barmherzigkeits-Rosenkranz gebetet werden kann. Jesus bat um Sühne für den Unglauben, das Misstrauen, die Verachtung, sowie für alle Lieblosigkeiten gegenüber seiner Gegenwart im Allerheiligsten Altarssakrament. Er versprach den Betern eine Stärkung im Glauben und ein tieferes Hineinwachsen in das Geheimnis der Eucharistie. Das Original hat nur die ersten drei Geheimnisse – die übrigen beiden wurden vom geistlichen Begleiter dieser Ordensschwester hinzugefügt.

Einleitung: Vater unser…, Gegrüßet seist du Maria…, Ich glaube an Gott…

Auf den großen Perlen des Rosenkranzes:
(V.) Hochgelobt und angebetet sei ohne End,
(A.) Jesus Christus im Allerheiligsten Altarssakrament.

Auf den kleinen Perlen 10 x:
1. (V.) O Heilige Hostie, wahrer Leib Jesu, (A.) ich glaube an dich.
2. (V.) O Heilige Hostie, wahrer Leib Jesu, (A.) ich vertraue auf dich.
3. (V.) O Heilige Hostie, wahrer Leib Jesu, (A.) ich liebe dich.
4. (V.) O Heilige Hostie, wahrer Leib Jesu, (A.) entflamme mich!
5. (V.) O Heilige Hostie, wahrer Leib Jesu, (A.) sende mich!

Jesus fügte noch hinzu: „Dadurch verehrst du auch mein Blut.“

ANBETUNG

Mein Gott und Vater im Himmel
ich bin nichts, ich habe nichts
und ich will auch nichts
aber ich bin hier
zusammen mit Dir

Gott Sohn, mein Erlöser und Herr,
ich verstehe nichts, ich fühle nichts
und ich ersehne auch nichts
aber ich danke hier
im Vertrauen zu Dir

Gott, Heiliger Geist
ich kann nichts, ich muss nichts
und ich brauche auch nichts
aber ich lobpreise hier
in Einheit mit Dir

Amen.

6. Teil - PAPST BENEDIKT XVI.

WELTJUGENDTAG IN KÖLN

Liebe Jugendliche!

Vor der heiligen Hostie, in der Jesus sich für uns zum Brot gemacht hat, das unser Leben von innen her trägt und nährt, haben wir ges-tern Abend den inneren Weg der Anbetung begonnen. In der Eucharistie soll Anbetung Vereinigung werden. Mit der Eucharistiefeier stehen wir in der »Stunde« Jesu, von der das Johannes-Evangelium spricht. Durch die Eucharistie wird diese seine »Stunde« unsere Stunde, Gegenwart unter uns. Mit den Jüngern feierte er das Paschamahl Israels, das Gedächtnis der befreienden Tat Gottes, die Israel aus der Knechtschaft ins Freie führte. Jesus folgt den Riten Israels. Er spricht das Preis- und Segensgebet über das Brot. Aber nun geschieht Neues. Er dankt Gott nicht nur für die großen Taten der Vergangenheit, er dankt ihm für seine Erhöhung, die im Kreuz und in der Auferstehung geschieht. Dabei spricht er auch zu den Jüngern mit Worten, die die Summe von Gesetz und Propheten in sich tragen: »Dies ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut.« Und so teilt er Brot und Kelch aus und trägt ihnen zugleich auf, das, was er jetzt sagt und tut, immer neu zu sagen und zu tun zu seinem Gedächtnis.
Was geschieht da? Wie kann Jesus seinen Leib austeilen und sein Blut? Indem er Brot zu seinem Leib und Wein zu seinem Blut macht und austeilt, nimmt er seinen Tod vorweg, nimmt er ihn von innen her an und verwandelt ihn in eine Tat der Liebe. Was von außen her brutale Gewalt ist – die Kreuzigung –, wird von innen her ein Akt der Liebe, die sich selber schenkt, ganz und gar. Dies ist die eigentliche Wandlung, die im Abendmahlssaal geschah und die dazu bestimmt war, einen Prozess der Verwandlungen in Gang zu bringen, dessen letztes Ziel die Verwandlung der Welt dahin ist, dass Gott alles in allem sei (vgl. 1 Kor 15,28). Alle Menschen warten immer schon irgendwie in ihrem Herzen auf eine Veränderung und Verwandlung der Welt. Dies nun ist der zentrale Verwandlungsakt, der allein wirklich die Welt erneuern kann: Gewalt wird in Liebe umgewandelt und so Tod in Leben. Weil er den Tod in Liebe umformt, darum ist der Tod als solcher schon von innen her überwunden und Auferstehung schon in ihm da. Der Tod ist gleichsam von innen verwundet und kann nicht mehr das letzte Wort sein. Das ist sozusagen die Kernspaltung im Innersten des Seins – der Sieg der Liebe über den Hass, der Sieg der Liebe über den Tod. Nur von dieser innersten Explosion des Guten her, die das Böse überwindet, kann dann die Kette der Verwandlungen ausgehen, die allmählich die Welt umformt. Alle anderen Veränderungen bleiben oberflächlich und retten nicht. Darum sprechen wir von Erlösung: Das zuinnerst Notwendige ist geschehen, und wir können in diesen Vorgang hineintreten. Jesus kann seinen Leib austeilen, weil er wirklich sich selber gibt.
Diese erste grundlegende Verwandlung von Gewalt in Liebe, von Tod in Leben zieht dann die weiteren Verwandlungen nach sich. Brot und Wein werden sein Leib und sein Blut. Aber an dieser Stelle darf die Verwandlung nicht Halt machen, hier muss sie erst vollends beginnen. Leib und Blut Jesu Christi werden uns gegeben, damit wir verwandelt werden. Wir selber sollen Leib Christi werden, blutsverwandt mit ihm. Wir essen alle das eine Brot. Das aber heißt: Wir werden untereinander eins gemacht. Anbetung wird, so sagten wir, Vereinigung. Gott ist nicht mehr bloß uns gegenüber der ganz Andere. Er ist in uns selbst und wir in ihm. Seine Dynamik durchdringt uns und will von uns auf die anderen und auf die Welt im Ganzen übergreifen, dass seine Liebe wirklich das beherrschende Maß der Welt werde. Ich finde diesen neuen Schritt, den das Abendmahl uns geschenkt hat, sehr schön angedeutet im Unterschied zwischen dem griechischen und dem lateinischen Wort für Anbetung. Das griechische Wort heißt »proskynesis«. Es bedeutet den Gestus der Unterwerfung, die Anerkennung Gottes als unseren wahren Maßstab, dessen Weisung wir folgen. Es bedeutet, dass Freiheit nicht bedeutet, sich auszuleben und für autonom zu halten, sondern sich nach dem Maß der Wahrheit und des Guten zu richten und so selbst wahr und gut zu werden. Dieser Gestus ist notwendig, auch wenn unser Freiheitsstreben ihm zunächst entgegensteht. Aber uns zueignen können wir ihn erst ganz in der zweiten Stufe, die sich im Abendmahl eröffnet. Das lateinische Wort für Anbetung heißt »ad-oratio« – Berührung von Mund zu Mund, Kuss, Umarmung und so in tiefster Liebe. Aus Unterwerfung wird Einung, weil der, dem wir uns unterwerfen, die Liebe ist. So wird Unterwerfung sinnvoll, weil sie uns nicht Fremdes auferlegt, sondern uns freimacht zum Innersten unserer selbst.
Kehren wir noch einmal zum Letzten Abendmahl zurück. Das Neue, das da geschah, lag in der neuen Tiefe des alten Segensgebe-tes Israels, das nun zum Wort der Verwandlung wird und uns die Teilhabe an der »Stunde« Christi schenkt. Nicht das Paschamahl zu wiederholen, hat Jesus uns aufgetragen; es ist ja auch ein Jahresfest, das man nicht beliebig wiederholen kann. Er hat uns aufgetragen, in »seine Stunde« einzutreten. In sie treten wir ein durch das Wort der heiligen Macht der Verwandlung, die durch das Preisgebet ge-schieht, das uns in die Kontinuität mit Israel und der ganzen Heils-geschichte Gottes stellt und uns zugleich das Neue schenkt, auf das dieses Gebet von innen her wartete. Dieses Gebet – die Kirche nennt es Hochgebet – konstituiert Eucharistie. Es ist Wort der Macht, das die Gaben der Erde auf ganz neue Weise in die Selbstgabe Gottes verwandelt und uns in diesen Prozess der Verwandlung hinein-zieht. Deswegen nennen wir dieses Geschehen Eucharistie, was die Übersetzung des hebräischen Wortes »beracha« ist – Dank, Preisung, Segen und so vom Herrn her Verwandlung: Gegenwart seiner »Stunde«. Die »Stunde« Jesu ist die Stunde, in der die Liebe siegt. Das heißt: Gott hat gesiegt, denn er ist die Liebe. Die »Stunde« Jesu will unsere Stunde werden und wird es, wenn wir uns durch die Feier der heiligen Eucharistie in den Prozess der Verwandlungen hineinziehen lassen, um die es dem Herrn geht. Eucharistie muss Mitte unseres Lebens werden. Es ist nicht Positivismus oder Machtwille, wenn die Kirche uns sagt, dass zum Sonntag die Eucharistie gehört. Am Ostermorgen haben zuerst die Frauen, dann die Jünger den Auferstandenen sehen dürfen. So wussten sie von da an, dass nun der erste Wochentag, der Sonntag, sein Tag ist, der Tag Christi. Der Tag des Schöpfungsbeginns wird zum Tag der Erneuerung der Schöpfung. Schöpfung und Erlösung gehören zusammen. Deswegen ist der Sonntag so wichtig. Es ist schön, dass in vielen Kulturen heute der Sonntag ein freier Tag ist oder gar mit dem Samstag ein sogenanntes freies Wochenende bildet. Aber diese freie Zeit bleibt leer, wenn Gott nicht darin vorkommt. Liebe Freunde! Manchmal ist es vielleicht im ersten Augenblick unbequem, am Sonntag auch die heilige Messe einzuplanen. Aber Ihr werdet sehen, dass gerade das der Freizeit erst die rechte Mitte gibt. Lasst Euch nicht abbringen von der sonntäglichen Eucharistie, und helft auch den anderen, dass sie sie entdecken. Damit von ihr die Freude kommt, die wir brauchen, müssen wir sie natürlich auch immer mehr von innen verstehen und lieben lernen. Mühen wir uns darum – es lohnt sich. Entdecken wir den inneren Reichtum des Gottesdienstes der Kirche und seine wahre Größe: dass da nicht wir selber uns allein ein Fest machen, sondern dass der lebendige Gott selbst uns ein Fest gibt. Mit der Liebe zur Eucharistie werdet Ihr auch das Sakrament der Versöhnung neu entdecken, in der Gottes verzeihende Güte immer wieder einen Neubeginn in unserem Leben möglich macht.
Wer Christus entdeckt hat, muss andere zu ihm führen. Eine große Freude kann man nicht für sich selbst behalten. Man muss sie weitergeben. Heute gibt es in großen Teilen der Welt eine merkwürdige Gottvergessenheit. Es scheint auch ohne ihn zu gehen. Aber zugleich gibt es auch ein Gefühl der Frustration, der Unzufriedenheit an allem und mit allem: Das kann doch nicht das Leben sein! In der Tat nicht. Und so gibt es zugleich mit der Gottvergessenheit auch so etwas wie einen Boom des Religiösen. Ich will nicht alles schlecht machen, was da vorkommt. Es kann auch ehrliche Freude des Gefunden-habens dabei sein. Aber – um die Wahrheit zu sagen – weithin wird doch Religion geradezu zum Marktprodukt. Man sucht sich heraus, was einem gefällt, und manche wissen, Gewinn daraus zu ziehen. Aber die selbstgesuchte Religion hilft uns im letzten nicht weiter. Sie ist bequem, aber in der Stunde der Krise lässt sie uns allein. Helft den Menschen, den wirklichen Stern zu entdecken, der uns den Weg zeigt: Jesus Christus. Versuchen wir selber, ihn immer besser kennenzulernen, damit wir überzeugend auch andere zu ihm führen können. Deswegen ist die Liebe zur Heiligen Schrift so wichtig, und deswegen ist es wichtig, den Glauben der Kirche zu kennen, in dem uns die Schrift aufgeschlüsselt wird: Es ist der Heilige Geist, der die Kirche in ihrem wachsenden Glauben immer weiter in die Tiefe der Wahrheit eingeführt hat und einführt (vgl. Joh 16,13). Papst Johannes Paul II. hat uns ein wunderbares Werk geschenkt, in dem der Glaube der Jahrhunderte zusammenfassend dargelegt ist: den Katechismus der Katholischen Kirche. Ich selber konnte vor kurzem das Kompendium dieses Katechismus der Öffentlichkeit vorstellen, das auch auf Wunsch des heimgegangenen Papstes erstellt wurde. Es sind zwei Grundbücher, die ich Euch allen ans Herz legen möchte.
Natürlich reichen Bücher allein nicht aus. Bildet Gemeinschaften aus dem Glauben heraus. In den letzten Jahrzehnten sind Bewegun-gen und Gemeinschaften entstanden, in denen die Kraft des Evangeliums sich lebendig zu Worte meldet. Sucht Gemeinschaft im Glauben, Weggefährten, die gemeinsam die große Pilgerstraße weitergehen, die uns die Weisen aus dem Orient zuerst gezeigt haben. Das Spontane der neuen Gemeinschaften ist wichtig; aber wichtig ist auch, dabei die Gemeinschaft mit dem Papst und den Bischöfen zu halten, die uns garantieren, dass wir nicht Privatwege suchen, sondern wirklich in der großen Familie Gottes leben, die der Herr mit den zwölf Aposteln begründet hat.
Noch einmal muss ich zur Eucharistie zurückkommen. »Weil wir ein Brot sind, sind wir viele auch ein Leib«, sagt der heilige Paulus (1 Kor 10,17). Er will damit sagen: Weil wir den gleichen Herrn empfangen und er uns aufnimmt, in sich hineinzieht, sind wir auch untereinander eins. Aber das muss sich im Leben zeigen. Es muss sich zeigen in der Fähigkeit des Vergebens. Es muss sich zeigen in der Sensibilität für die Nöte des anderen. Es muss sich zeigen in der Bereitschaft zu teilen. Es muss sich zeigen im Einsatz für den Nächsten, den nahen wie den äußerlich fernen, der uns angeht.
Heute gibt es Formen des Volontariats, Gestalten des gegenseiti-gen Dienens, die gerade unsere Gesellschaft dringend braucht. Wir dürfen zum Beispiel die alten Menschen nicht ihrer Einsamkeit überlassen, an den Leidenden nicht vorbeigehen. Wenn wir von Christus her denken und leben, dann gehen uns die Augen auf, und dann leben wir nicht mehr für uns selber dahin, sondern dann sehen wir, wo und wie wir gebraucht werden.
Wenn wir so leben und handeln, merken wir alsbald, dass es viel schöner ist, gebraucht zu werden und für die anderen da zu sein, als nur nach den Bequemlichkeiten zu fragen, die uns angeboten werden. Ich weiß, dass Ihr als junge Menschen das Große wollt, dass Ihr Euch einsetzen wollt für eine bessere Welt. Zeigt es den Menschen, zeigt es der Welt, die gerade auf dieses Zeugnis der Jünger Jesu Christi wartet und zuallererst durch das Zeichen Eurer Liebe den Stern entdecken kann, dem wir folgen.
Gehen wir vorwärts mit Christus und leben wir unser Leben als wirkliche Anbeter Gottes.

(21. August 2005)

FRONLEICHNAM IN ROM

Liebe Brüder und Schwestern!

Heute Abend möchte ich mit euch zwei miteinander verbundene Aspekte des eucharistischen Geheimnisses betrachten: den Kult der Eucharistie und ihre Sakralität. Es ist wichtig, diese neu zu erwägen und sie vor unvollständigen Sichtweisen des Geheimnisses zu be-wahren, wie sie in der jüngsten Vergangenheit aufgetreten sind.
Zuerst wollen wir über den Wert des eucharistischen Kultes und dabei insbesondere der Anbetung des Allerheiligsten Sakraments nachdenken. Es ist dies die Erfahrung, die wir auch heute Abend nach der heiligen Messe, vor, bei und nach der Prozession erleben werden. Eine einseitige Interpretation des Zweiten Vatikanischen Konzils hatte diese Dimension beeinträchtigt, indem sie die Eucharistie praktisch auf den Augenblick ihrer Feier beschränkte. In der Tat ist es sehr wichtig gewesen, die Zentralität der Feier anzuerkennen, zu der der Herr sein Volk zusammenruft, es um den zweifachen Tisch des Wortes und des Brotes des Lebens schart, es nährt und in der Darbringung des Opfers mit sich vereint. Diese Aufwertung der liturgischen Versammlung, in der der Herr wirkt und sein Geheimnis der Gemeinschaft verwirklicht, bleibt natürlich gültig, doch muss sie ins rechte Verhältnis zurückgebracht werden. Denn nur allzu oft geschieht es, dass man, um einen Aspekt hervorzuheben, dabei endet, einen anderen zu opfern. In diesem Fall ging die richtige, auf die Feier der Eucharistie gesetzte Betonung auf Kosten der Anbetung, die ein an den wirklich im Altarsakrament gegenwärtigen Herrn Jesus gewandter Akt des Glaubens und des Gebets ist. Diese Unausgewogenheit hatte Auswirkungen auch auf das geistliche Leben der Gläubigen. Wird nämlich die ganze Beziehung mit dem eucharistischen Jesus allein auf den Augenblick der heiligen Messe konzentriert, läuft man Gefahr, den Rest der Lebenszeit und des Lebensraumes seiner Gegenwart zu entleeren. Und so wird der Sinn der beständigen Ge-genwart Jesu mitten unter uns und mit uns weniger wahrgenommen, eine konkrete, nahe Gegenwart inmitten unserer Häuser, als »pulsierendes Herz« der Stadt, des Landes, des Gebiets mit seinen verschiedenen Ausdrucksformen und Tätigkeiten. Das Sakrament der Liebe Christi muss das ganze alltägliche Leben durchdringen.
In Wirklichkeit ist es falsch, die Feier und die Anbetung entgegenzusetzen, als stünden sie zueinander in Konkurrenz. Genau das Gegenteil ist der Fall: die Verehrung des Allerheiligsten Sakraments bildet gleichsam die geistliche »Umwelt«, in der die Gemeinschaft gut und wahrhaftig die Eucharistie feiern kann. Nur wenn der liturgischen Feier diese innere Haltung des Glaubens und der Anbetung vorangeht, sie von ihr begleitet wird und diese ihr folgt, kann sie ihre volle Bedeutung und ihren vollen Wert zum Ausdruck bringen. Die Begegnung mit Jesus in der heiligen Messe verwirklicht sich wahrhaftig und in Fülle, wenn die Gemeinde zu erkennen vermag, dass er im Sakrament sein Haus bewohnt, uns erwartet, uns zu seinem Tisch lädt und dann, nachdem sich die Versammlung aufgelöst hat, bei uns bleibt, in seiner diskreten und stillen Gegenwart, uns mit seiner Fürsprache begleitet und weiterhin unsere geistlichen Opfer sammelt und sie dem Vater darbringt.
Diesbezüglich möchte ich die Erfahrung hervorheben, die wir auch heute Abend gemeinsam erleben werden. Im Augenblick der Anbetung sind wir alle auf derselben Ebene, auf Knien vor dem Sakrament der Liebe. Das allgemeine Priestertum und das Amtspriestertum finden sich im eucharistischen Kult vereint. Es ist dies eine sehr schöne und bedeutsame Erfahrung, die wir verschiedene Male in der Petersbasilika erlebt haben, und auch bei den unvergesslichen Gebetswachen mit den Jugendlichen – ich erinnere zum Beispiel an jene von Köln, London, Zagreb, Madrid.
Es ist für alle ersichtlich, dass diese Augenblicke der eucharisti-schen Vigil die Feier der heiligen Messe vorbereiten, sie bereiten die Herzen auf die Begegnung vor, so dass diese auch fruchtbarer wird. Das lange Verweilen aller in Stille vor dem in seinem Sakrament gegenwärtigen Herrn ist eine der echtesten Erfahrungen unseres Kirche-Seins, die in komplementärer Weise von der Feier der Eucharistie begleitet wird, wenn wir das Wort Gottes hören, singen und gemeinsam zum Tisch des Brotes des Lebens gehen. Gemeinschaft und Betrachtung können nicht voneinander getrennt werden, sie gehören zusammen. Um wirklich mit einem anderen Menschen zu kommunizieren, muss ich ihn kennen, in Stille in seiner Nähe stehen können, ihm zuhören, auf ihn mit Liebe blicken.
Die wahre Liebe und die wahre Freundschaft leben immer von dieser Gegenseitigkeit der Blicke, von innigen, beredten Momenten der Stille voller Achtung und Verehrung, so dass die Begegnung in der Tiefe erlebt wird, persönlich und nicht oberflächlich. Und wenn diese Dimension fehlt, kann leider auch die sakramentale Kommunion unsererseits zu einem oberflächlichen Gestus werden. In der wahren, vom Gespräch des Gebets und des Lebens vorbereiteten Kommunion dagegen können wir zum Herrn Worte des Vertrauens sprechen, wie jene, die vor kurzem im Antwortpsalm erklangen: »Ich bin doch dein Knecht, dein Knecht bin ich, der Sohn deiner Magd. Du hast meine Fesseln gelöst. Ich will dir ein Opfer des Dankes bringen und anrufen den Namen des Herrn« (Ps 116,16–17). Jetzt möchte ich kurz auf den zweiten Aspekt eingehen: die Sakralität der Eucharistie. Auch hier haben wir in der jüngeren Vergangenheit an einem gewissen Missverständnis der echten Botschaft der Heiligen Schrift gelitten. Die christliche Neuheit hinsichtlich des Kultes wurde von einer gewissen säkularistischen Mentalität der 60er und 70er Jahre des vergangenen Jahrhunderts beeinflusst. Es ist wahr und gilt immer, dass der Mittelpunkt des Kultes nicht mehr in den Riten und alten Opfern liegt, sondern in Christus selbst, in seiner Person, in seinem Leben, in seinem Paschageheimnis.
Und dennoch darf aus dieser Neuheit nicht geschlossen werden, dass es das Heilige nicht mehr gebe, sondern dass es seine Erfüllung in Jesus Christus gefunden hat, der menschgewordenen göttlichen Liebe. Der Brief an die Hebräer, den wir heute Abend in der zweiten Lesung gehört haben, spricht gerade von der Neuheit des Priestertums Christi, »Hohepriester der künftigen Güter« (Hebr 9,11), doch er sagt nicht, dass das Priestertum zu Ende sei. Christus ist »der Mittler eines neuen Bundes« (Hebr 9,15), der mit seinem Blut in Kraft gesetzt worden ist, das »unser Gewissen von toten Werken« (Hebr 9,14) reinigt. Er hat das Heilige nicht abgeschafft, sondern es zur Vollendung gebracht und einen neuen Kult eröffnet, der zwar gänzlich geistlich ist, sich jedoch solange wie wir in der Zeit unterwegs sind, noch der Zeichen und Riten bedient, die nur am Ende vergehen werden, im himmlischen Jerusalem, wo es keinen Tempel mehr geben wird (vgl. Offb 21,22). Durch Christus ist die Sakralität wahrer, inniger und – wie dies bei den Geboten geschieht – auch anspruchsvoller! Die Beachtung der Riten reicht nicht, sondern es wird die Reinigung des Herzens und die Einbeziehung des Lebens gefordert.
Ich möchte auch unterstreichen, dass das Sakrale eine erzieheri-sche Funktion hat, und sein Verschwinden verarmt unvermeidlich die Kultur, besonders die Formung der neuen Generationen. Würde zum Beispiel im Namen eines säkularisierten Glaubens, der nicht mehr der heiligen Zeichen bedarf, diese Fronleichnamsprozession durch die Stadt abgeschafft werden, so hätte dies zur Folge, dass das geistliche Profil Roms »verflacht« wäre, und unser persönliches und gemeinschaftliches Bewusstsein würde dadurch geschwächt werden.
Oder denken wir an eine Mutter oder einen Vater, die im Namen eines entsakralisierten Glaubens ihren Kindern jegliche religiöse Ri-tualität wegnähmen: in Wirklichkeit ließen sie schließlich den vielen in der Konsumgesellschaft gegenwärtigen Ersatzmitteln freies Feld, anderen Riten und anderen Zeichen, die leicht zu Götzenbildern werden können. Gott, unser Vater, handelte nicht so mit der Menschheit: er hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, um abzuschaffen, sondern um auch das Heilige zu seiner Vollendung zu bringen. Auf dem Höhepunkt dieser Sendung, beim Letzten Abendmahl, stiftete Jesus das Sakrament seines Leibes und seines Blutes, das Gedächtnis seines Paschaopfers. Indem er dies tat, setzte er sich selbst an die Stelle der alten Opfer, doch er tat dies innerhalb eines Ritus und gebot den Aposteln, diesen als höchstes Zeichen des wahren Heiligen, das er selbst ist, fortzuführen. In diesem Glauben, liebe Brüder und Schwestern, feiern wir heute und alle Tage das eucharistische Geheimnis und beten es als Mittelpunkt unseres Lebens und Herz der Welt an. Amen.

(Basilika St. Johann im Lateran, 7. Juni 2012) 

Dienerinnen vom Heiligen Blut

Nach dem Vorbild der Gottes¬mutter Maria wol¬len wir beson¬ders durch die Gabe der geist¬lichen Mutter¬schaft dienen. Im Licht des Glau¬bens be¬mühen wir uns, die Ge¬gen¬¬wart Jesu Christi in jedem Menschen, be¬son¬ders in den Leiden¬den, Suchen¬den, Belaste¬ten… wahr zu nehmen und zu achten.

Die Spiritualität des Blutes Christi ist für uns eine besondere Quelle der Versöhnung, Heilung und Be¬freiung, zu der wir auch andere hinführen möchten. Wir wollen Maria „vergegen¬wärti¬gen“ und auf diese Weise unseren Beitrag dazu leisten, damit der Familien-Geist in der Kirche gestärkt wird.

Oratorium des hl. Philipp Neri in Aufhausen

„Oratorianer vom Heiligen Blut“

Wir sehen es als unsere be¬son¬dere Gabe und Auf¬gabe an, in der Kraft des Blutes Christi die maria¬nisch-müt¬ter¬li¬che Berufung der Frauen durch den brüder¬lich-väter¬¬lichen Dienst nach dem Vor¬bild des Hl. Josef zu ergän¬zen, damit so die Aus¬brei¬tung des Evan¬ge¬liums an neuer Fruchtbar¬keit und Schön¬heit gewinnt.

Wie der heilige Josef wollen wir immer neu bereit sein, für die Sache Gottes die eigenen Pläne aufzugeben, Gerechtig¬keit durch Er¬bar¬men zu üben und die Schwachen und Gefährdeten zu schützen und zu unter¬stützen. Im Verzicht auf die eigene leibliche Vaterschaft möchten wir dazu beitragen, dass möglichst viele vater¬lose Men¬schen wenigstens einen Schimmer der Vaterliebe Gottes erfahren können.

Freundeskreis der Geistlichen Familie vom Heiligen Blut

für Erwachsene – Engagierte und unterstützende Mitglieder
für Kinder – „Kleine Freunde Jesu“
für junge Jugend – „Freunde Mariens“
für junge Erwachsene – „Freunde des Hl. Josef“

Die Freundschaft mit Christus ermutigt die Mitglieder des Freundeskreises an der Mission der Schwestern und der Brüder teilzunehmen. Sie sind eine Brücke zwi¬schen den Ordenshäusern und der „Welt“. Die eigene Familie, die Einsamkeit und Krankheit, Arbeit und Urlaub…, alles ist eine Gelegenheit durch Gebet, Opfer und Mitarbeit die Geistliche Familie vom Heiligen Blut in Kirche und Welt präsent zu machen und zu stärken.  

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Erster Teil
VON DER AKTIVEN TEILNAHME AN DER EUCHARISTIEFEIER

1. Die Eintrittskarte zur echten Teilnahme an der Eucharistiefeier 2. Hören, um zu handeln 3. Gabenbereitung 4. Abendmahl und Golgota 5. Das Mahl unter Freunden 6. Frieden bringen

Zweiter Teil
TEXTE ZUR VERTIEFUNG (A)

1. Warum feiern wir überhaupt „Eucharistie“? 2. Gütergemeinschaft mit Gott 3. Eine Messe – viele Namen 4. Verzeihen und versöhnen 5. Dreimal Kommunion 6. Teilnahme an der Verwandlung der Welt 7. Feiere deine Messe 8. Eucharistie als Passion Jesu 9. Würdiger Kommunionempfang 10. Freundschaft mit Jesus 11. O heilge Seelenspeise 12. Das Aufopfern der Heiligen Kommunion 13. Das Aufopfern des Kostbaren Blutes 14. Kommunion für Geschiedene-Wiederverheiratete

Dritter Teil
VON DER NOT UND DER GNADE DER ANBETUNG

1. Warum findet man heute in den Kirchen wieder mehr Anbetung? 2. Was ist eigentlich Anbetung und wie „macht” man das? 3. Warum wird bei der Anbetung eine Monstranz auf den Altar gestellt? 4. Was muss man beachten, um sich gut für die Anbetung zu öffnen? 5. Welchen Sinn hat die „Ewige“ Anbetung? 6. Mit welchen Versuchungen muss man bei der Anbetung rechnen? 7. Was kann ich selber tun, damit auch in meiner Pfarrei regelmäßige Anbetungsstunden eingeführt werden?

Vierter Teil
TEXTE ZUR VERTIEFUNG (B)

1. Warum sollen wir Gott anbeten? 2. Andacht und Anbetung 3. Wie macht man das „anbeten“? 4. Vor der Monstranz 5. Eucharistischer Segen 6. Das Niederknien vor der Eucharistie 7. Der Besuch beim Tabernakel 8. Es ist unbegreiflich 9. Ich warte auf euch 10. Was ist mit „Ehrfurcht“ gemeint? 11. Die Bedeutung des Kniens 12. So viel wie 13. Gott ist Liebe 14. Ich bin für euch da

Fünfter Teil
EUCHARISTISCHE GEBETE

Himmlischer Vater
Gott Vater im Himmel
Vor der Heiligen Messe
Seele Christi, heilige mich
Mein Herr und mein Gott
Friedensgebet
Hilf mir, Herr, zu dienen wie Du es verdienst
Denk Du in mir, o Jesus
Eucharistischer Rosenkranz
Anbetung

Sechster Teil PAPST BENEDIKT XVI.

Weltjugendtag in Köln
Fronleichnam in Rom