Texte

Eucharistie

Das hier sollte eigentlich eine Katechese über das Sakrament der Eucharistie werden - und zudem die Frage klären, was das denn ist, "Leib Christi". Doch bevor ich die ersten Zeilen geschrieben hatte, wurde mir (während der Feier der Eucharistie und in Zeiten der Anbetung) klar, dass eine Katechese über die Hl. Messe eine Katechese über die Gesamtheit des katholischen Glaubens werden wird. Anders geht es gar nicht.

Es gibt eben verschiedene Wahrheiten, die wir in Sätze fassen können. Aber diese wahren Sätze (auch manchmal “Dogmen” genannt) existieren nicht unabhängig voneinander (deshalb kann man im katholischen Glauben nicht eine Auswahl von Wahrheiten glauben). Diese wahren Sätze hängen zusammen, begründen sich und ergeben sich aus anderen Sätzen wie ein Netz mit lauter Querverbindungen. Aber dieses Netz hat ein Zentrum, von dem alles ausgeht und alles zusammengefasst ist. Dieses Zentrum ist der Begriff “Leib Christi” – oder, treffender, “Inkarnation” (wörtlich mit “Fleischwerdung” zu übersetzen).

Alle wahren Sätze unseres Glaubens sind im Grunde nichts anderes, als Ausschnitte der einen Wahrheit, die wir aufgrund unserer begrenzten Sprache nicht wiederum in einen Satz fassen können. Aber wir können diese eine Wahrheit darstellen, feiern und erleben: Jesus Christus in der Feier der Eucharistie.

Prolog

Wie die Seele des Menschen mit dem Leib verbunden ist ...

Die Frage, was der Mensch ist, wurde nicht nur von Theologie und Philosophie diskutiert, sondern spielt immer noch eine entscheidende Rolle z.B. in der Hirnforschung, der Psychologie, der Neurophysiologie, der Verhaltensforschung und allen anderen Zweigen der Humanbiologie.
Die katholische Kirche hat sich in der Beschreibung des Menschen für einen Dualismus entschieden: Der Mensch ist eine geistige, immaterielle Seele und hat einen Leib.
Die Seele formt diesen Leib, so dass der Mensch von “meinem” Körper sprechen kann. Der Körper ist Ausdrucksmedium und Adresse der Seele: Am Körper zeigen sich die seelischen Regungen, und was dem Körper zugefügt wird (sei es durch die Sinnesorgane oder durch Einwirkungen auf den Körper direkt), trifft auch die Seele.

Träger der Individualität ist jedoch die Seele. Die unbelebte Materie (alles, was wir für den Stoffwechsel brauchen) wird von der Seele “informiert”, d.h. in den Körper eingebaut, gestaltet und angeeignet. Im gewissen Sinne kann man sagen, dass die Materie der Seele “angeglichen” wird.

...so ist in Jesus Christus Gott mit dem Mensch verbunden ...

Auch Gott tritt in Verbindung mit der geschaffenen Welt. Zunächst ordnet Gottes Geist die gesamte Schöpfung, so dass darin im Laufe der Jahrmillionen immer mehr die göttliche Ordnung zum Ausdruck kommt. Aber dann kommt der Clou: In Jesus Christus bindet Gott sich an eine menschliche Natur, einen Menschen - und zwar so definitiv, wie sich im Menschen die Seele an den Leib gebunden hat.

Das ist zwar kein Dogma und auch keine definierte christologische Lehre. Aber schon in frühester Zeit hat die Kirche den Vergleich akzeptiert:

Wie die Seele sich zum Leib verhält, so verhält sich die Gottheit Jesu zu seiner menschlichen Natur. 

Deshalb sprechen wir Christen gerne vom "Leib Christi", wenn wir die menschliche Seite Jesu meinen, obwohl wir wissen, dass Jesus nicht nur einen menschlichen Leib hatte, sondern auch eine menschliche Seele.

 

Wenn es zum Beispiel im Angelus-Gebet heißt "und das Wort ist Fleisch geworden" (Joh 1), so ist damit nicht gemeint, dass Gott sich an einen unbeseelten Leib gebunden hat. Nein, Jesus hatte schon einen menschlichen Leib und eine menschliche Seele. Wir reden deshalb vom "Leib Christi", weil die menschliche Natur Jesu (seine Leib-seelische Natur) sich zu Gott verhält wie der Leib des Menschen zu dessen Seele.

...und so sollen auch wir mit Gott verbunden sein ...

In der Taufe werden wir Christus gleich: Gott überformt unser Sein – so ähnlich, wie in Jesus Christus Gottheit und Menschennatur eine Einheit eingegangen sind. Der wesentliche Unterschied ist, dass wir von Gott gefragt werden – und uns die Antwort leider schwer fällt. Aber wenn wir “Ja” sagen zu dieser Umgestaltung, dann werden wir auch “Leib Christi”.
So, wie die Seele den Leib gestaltet und durchformt, will auch Gott uns gestalten und durchformen. So, wie der Leib die Außenseite der Seele ist, sollen wir die “Außenseite” Gottes werden (lies dazu ruhig mal in der Katechese zum “Allgemeinen Priestertum”, in der dieser Gedanke ausgefaltet wird). Deshalb lassen wir uns, nach der Taufe, gerne auch als “Leib Christi” bezeichnen, auch wenn wir selbstverständlich immer noch eine Seele haben.

... und das geschieht durch den Empfang des Leibes Christi

Naja – zunächst geschieht es durch die Taufe (in der wir durch die Kirche, den Leib Christi auf Erden, in die Kirche eingegliedert werden, und so ebenfalls Kirche, dh. Leib Christi werden). Aber die Taufe ist sozusagen wie die “Beseelung des Embryos”, entwickeln und gedeihen wird sich der kleine Mensch erst durch die regelmäßig Aufnahme von Nahrung und deren “in Form bringen” durch die Seele.
Das Gleiche geschieht auch mit uns, die wir Leib Christi sein wollen. Auch wir werden nach der Taufe – der Beseelung – genährt. Und gedeihen hoffentlich – durch regelmäßige Nahrungsaufnahme und deren Umgestaltung. Nur, dass wir diesmal “eingebaut” werden (der Apostel Paulus spricht etwas würdevoller von “eingliedern”).
Das geschieht in der Eucharistie, in der zunächst durch die Worte des Priesters Gottes Bindung an diese Welt (in Jesus Christus) gegenwärtig wird. Indem wir uns mit Christus vereinigen (“essen” ist dabei viel zu wenig gesagt, deshalb sprechen die Katholiken ja auch von “kommunizieren” – “teilhaben”!), sagen wir “Ja” zu der Überformung durch Gott, lassen es zu und freuen uns daran.

Erster Hauptteil: Gott und die Welt

Beginnen wir bei Adam und Eva ...

...oder sogar noch davor. Denn bereits in den ersten Worten der Bibel wird ein Bogen geschlagen, der bis zur Menschwerdung Jesu reicht: "Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde; die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut, und Gottes Geist schwebte über dem Wasser." (Gen 1, 1+2) 

Gottes Geist schwebt über den Wassern, über der wüsten und wirren Erde (im hebräischen heißt "wüst und wirr": "tohu wa bohu" - Chaos eben!). Das chaotische, ungeordnete Urmaterial ist noch nicht mit dem Geist Gottes in Verbindung getreten - der Geist schwebt noch darüber. Schöpfung bedeutet nun, dass der Geist beginnt, das Chaos zu ordnen, die Materie "in Form" zu bringen. Der Geist beginnt, die ungeordnete Materie zu "erheben".

Das klingt ein wenig nach einer alten Irrlehre: dem gnostischen Dualismus. Deshalb hier die wichtige Ergänzung, dass mit der Entgegensetzung von Materie und dem Geist Gottes nicht zwei gleichberechtigte, ewige Prinzipien gemeint sind. Der biblische Bericht vom Geist Gottes über der Urflut scheint das nahezulegen; tatsächlich ist aber die Materie nicht Gott (bzw. Gottes Geist) entgegengesetzt, sondern von Gott geschaffen (creatio ex nihilo). So ist die Urflut kein von Gott unabhängiges Prinzip, sondern geschaffen. Und zwar so, dass es in ihrem Wesen, in ihren Möglichkeiten und in ihrer Bestimmung liegt, von Gott geformt zu werden (creatio continua).

In der Geschichte der Schöpfung zeigt sich eine gestufte Aufwertung der Materie - auch als "Evolution" missverstanden. Missverstanden deshalb, weil sich die Materie nicht aus sich selbst entwickelt oder etwas in der Materie Liegendes ausbildet (wie der Begriff Evolution von lat. ex-volvere, "aus sich entwickeln" nahe legt), sondern weil der Geist Gottes die Materie erhebt und sie gottfähiger werden lässt.

Erster Höhepunkt: Der Mensch

Der Mensch ist die Krone der Schöpfung; nicht etwa, weil er das vollkommenste Wesen ist (eine Ameise ist auch ziemlich vollkommen - ihr fehlt nichts, soviel ich weiß. Das gleiche scheint mir für jedes andere Wesen zu gelten, sogar für Stechmücken. Wobei mir umgekehrt nichts fehlen würde, gäbe es keine Stechmücken - zumindest nicht in meinem Schlafzimmer). Sondern weil er die Materie in einem Maße Ausdruck von Geistigem sein lässt, das bis dato in der Schöpfung beispiellos ist. 

Der Mensch ist in höchstem Maße Abbild Gottes: Nur der Mensch kann, anders als alles bisher Erschaffene, frei entscheiden. Die Materie engt seine Freiheit nicht ein, sondern wird zum Ausdruck der Freiheit, der Moral und der Erkenntnis. Noch schöner sogar: Der Leib des Menschen wird zum Medium, Liebe zu schenken und zu empfangen. Eros, Agape, Caritas und Sexualität sind Formen der Liebe, die alle durch den Leib geschenkt und empfangen werden. Wer hätte das der Urflut zugetraut?! 

Der Mensch ist die Krone der Schöpfung: Denn auch das Zusammenspiel von Geist und Materie findet im Menschen seinen ersten Höhepunkt: Der Leib des Menschen ist die Außenseite der geistigen Seele. Die Seele hinterlässt nicht nur einen Abdruck in dem Chaos (so ähnlich wie ein Fußabdruck am Strand), sondern sie geht mit der Materie eine Einheit ein - die "Leib-Seele-Einheit". Die Seele bindet sich an die Materie, macht sie sich ähnlicher, ordnet sie und gibt ihr Sinn, Bedeutung und Funktionen, die weit über das bloß Materielle hinausreichen. 

Der Mensch ist in höchstem Maße Abbild Gottes: Im Menschen wird die Materie geheiligt - weil der Mensch in der Lage ist, frei "Ja" zu Gott zu sagen. Das ist die Vollendung der Materie, der Schöpfung und des Menschen.

Der Mensch - Ebenbild des liebenden Gottes

Bis zur Erschaffung des Menschen wusste noch keiner über das wirkliche Wesen Gottes Bescheid. Das mag daran gelegen haben, dass es noch keinen Theologen gab, solange es keine Menschen gab (es sei denn, man bezeichnet Gott als den ersten Theologen - eigentlich kein abwegiger Gedanke). Aber selbst, wenn es kluge und geniale Denker noch vor Adam gegeben hätte, wäre ihnen das wahre Wesen Gottes wohl zu unglaublich erschienen. Tatsächlich ist in der gesamten Weltgeschichte auch keiner (ohne Offenbarung) darauf gekommen: Gott ist nämlich nicht nur EINER, sondern Gott ist in sich DREI. Er ist eine liebende Gemeinschaft, eine göttliche Familie (aber in einem viel schöneren Sinne als wir uns eine Familie vorstellen können), ein Wesen in drei Personen. Gott ist in sich Liebesgeschehen
Und so verwundert es uns nicht, wenn Gott den Menschen nicht nur als Solitär (als Einzelgänger), sondern als Mann und Frau erschaffen hat - zur Liebe berufen.

Faszinierenderweise hat Gott sich in seiner Dreifaltigkeit sogar in den Text der Schöpfungsgeschichte geschlichen, ohne dass es der Schreiber (der als Jude mit einer Dreifaltigkeit überhaupt nichts anfangen konnte und an einen einzigen, monolithischen Gott glaubte) bemerkt hat: "Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich." Uns - unser - uns! Gott spricht gerade in diesem Augenblick von sich im Plural - und das gleich dreimal in einem Satz!

Das mit der Dreifaltigkeit ist wichtiger, als es zunächst scheint. Wir kommen noch darauf.

Wie gewonnen, so zerronnen

Leider hat der Mensch sich seine Vorrangstellung in der Schöpfung nicht bewahrt: Er hat die Frage Gottes "Liebst Du mich?" schließlich mit "Nein" beantwortet (zwar nur indirekt - aber dennoch absichtlich). Ein Nein zu Gott ist auch ein Nein zu Seiner Ordnung und seiner Ordnungskraft - und so wurde die Welt ihrer göttlichen Ordnung beraubt. Seitdem Adam und Eva den "Apfel" attraktiver fanden als Gott, geht hier so einiges den Bach runter. 
Die Vollendung - das "Ja" des Menschen zu Gott - ist durch das "Nein" des ersten Menschen ins Gegenteil verkehrt worden. Durch das "Ja" wären Materie, Schöpfung und Mensch geheiligt (= zu Gott aufgewertet) gewesen - durch das "Nein" fällt die ganze Schöpfung, mit ihr der Mensch und alles Geschaffene.

Mit seiner Abwendung von Gott hat der Mensch seine Geistbegabung aufs Spiel gesetzt, seine Freiheit verstümmelt und seine Gottebenbildlichkeit entstellt. Aus Gottes Krone der Schöpfung wurden Viehtreiber. Schade drum.

Back to the roots: Die Wiederherstellung des Menschen

Aber Gott hat seinen Plan, den Menschen als Sein Ebenbild aufstrahlen zu lassen, nicht aufgegeben. Er war bereit, alles zu versuchen, um dem Menschen eine Rückkehr als König der Geschöpfe zu ermöglichen.

Da die Menschen ihre Gottferne einander vererbten, erwählte sich Gott zunächst eine junge Frau, die er vor allem schädlichen Einfluss der gottvergessenen Welt bewahrte. Sie war wieder so, wie Gott den Menschen ursprünglich erschaffen hatte - deshalb nennen einige die junge Frau auch "neue Eva", obwohl sie in Wirklichkeit Maria hieß.

Aber das hat Gott eine ganze Menge gekostet. Denn wenn Gott uns Menschen in sein Liebesgeschehen hineinnehmen will, müssen wir erst einmal liebesfähig werden. Leider haben wir ja mit der verlorenen Gottebenbildlichkeit auch die Fähigkeit zur echten Liebe verloren. Den Menschen da heraus zu holen, war gar nicht so einfach. Denn wer von der Lieblosigkeit zur Liebe gewandelt werden soll, muss die Folgen der mangelnden Liebe zunächst durchleiden. Das konnte aber leider kein Mensch (und hätte vor allem auch kein Mensch gewollt, denn dazu gehört die Bereitschaft, aus Liebe zu leiden - genau diese Liebe fehlte dem Menschen aber. Ein Teufelskreis im wahrsten Sinne des Wortes).

Deshalb konnte Maria auch nur vor der Gottferne (oder mit einem anderen Wort: der Sünde) bewahrt bleiben, weil ihr Sohn mehr war als nur ein Mensch. Durch den Sohn und die von ihm erwirkte Erlösungwurde Maria - im Voraus - geheiligt. So konnte sie das "Ja" sprechen, das eigentlich am Anfang der bewussten Schöpfung (durch Eva und Adam) gesprochen werden sollte. Mit dem "Ja" Mariens zur Menschwerdung Jesu wurde das Wirklichkeit, was schon immer in der Schöpfung (weil im Plane Gottes) lag. 
Maria hat übrigens nicht wirklich "Ja" gesagt, sondern etwas, das im lateinischen "fiat" heißt (damit ist nicht ihr Auto gemeint). Wenn man es genau übersetzen wolle, müsste es "Es geschehe!" - "Es möge geschehen!" - "Hoffentlich geschieht es!" heißen. Also nicht nur ein "Ja", sondern mehr als das. Im "fiat" Mariens kommt die Sehnsucht der Schöpfung zur Sprache - und die Freude, an der Erlösung mitwirken zu dürfen.

Das konnte aber nur geschehen, weil Jesus - d.h. Gott selbst - Mensch wurde und das vollzog, was eigentlich Aufgabe des Menschen gewesen wäre.

Inkarnation - Der Wendepunkt der Geschichte

Diesen Moment sollten wir festhalten. Er ist der Schlüssel zu allem anderen. Gott wird Mensch.

Vor gut 2000 Jahren war es soweit. Paulus spricht davon, dass damals die Fülle der Zeiten gekommen war - man kann auch sagen, dass die "Zeit erfüllt war" (Gal 4,4: "Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau"). Gott hat sich in diesem Augenblick der Weltgeschichte mit seiner Schöpfung vereinigt. Zunächst geschah das nur in einer einzigen Person: In Jesus Christus. Gottes Sohn verbindet sich mit dem Menschen - so, wie im Menschen die Seele mit dem Leib verbunden ist.

 

Gott wurde Mensch. - Da liegt das eigentliche Geheimnis, der Keim der Erlösung. Denn obwohl Materie, Schöpfung und Mensch sich von Gott abgewandt hatten, verbindet Gott sich (in Jesus, dem Sohn der Maria) auf eine Art an diese Welt, die einfach unglaublich ist. In der (mit Maria begonnenen) neuen Schöpfung hat Gott sich nicht nur ein Bild geschaffen (wie es Adam war), sondern selbst gebunden. Unwiederbringlich, endgültig. So, dass wir von der "Menschwerdung Gottes" sprechen. Gott hat sich mit der neuen Schöpfung so identifiziert, dass er eins mit der Schöpfung wurde.

Eigentlich ist das Unsinn. Das wäre so, als würden wir behaupten, ein Tischler hätte seine Arbeit so geliebt, dass er selbst zum Schrank geworden ist. Hans Urs von Balthasar (ein Schweizer Theologe), hat das einmal auf den Punkt gebracht: "Die Menschwerdung Gottes ist in jeder Hinsicht eine philosophische und denkerische Unmöglichkeit. Allerdings müssen wir anerkennen, dass sie tatsächlich geschehen ist."

Nun ist es unangemessen, dass Gottes Sohn ein Stein, eine Maus oder ein Affenbrotbaum wird. In seiner Allmacht hätte Gott auch das werden können (von mir aus auch eine Stechmücke) - aber es ergibt keinen Sinn. Wenn Gott sich mit seiner Schöpfung vereinigt, dann wird der Berührungspunkt auch "gottförmig". Wie die Seele des Menschen den Leib zum Ausdruck der Seele werden lässt und die Materie so sehr aufwertet, dass wir die Anwesenheit eines Leibes mit der Anwesenheit einer Person gleichsetzen, so konnte die "Inkarnation" nur in einem Menschen geschehen - denn der Mensch war ja Gottes Ebenbild, Abbild Gottes. (Ich formuliere es mal etwas ketzerisch: Wäre Gott tatsächlich in einen Stein "inkarniert", so wäre der Stein zum Menschen geworden - eben weil Gott das, mit dem er sich verbindet, aufwertet.)

Der Leib Christi, der im Schoß der Jungfrau Maria heranwuchs und in der Krippe im Stall von Bethlehem das Licht der Welt erblickte, war nicht nur ein vollkommenes Ebenbild Gottes (wie Adam), sondern - wie im Menschen Seele und Leib vereint sind - war hier Gott mit dem Menschen verbunden. 
In der belebten Natur hat Gott sich ein Bild erschaffen. Im Menschen sogar ein Ebenbild. Aber nun sollte die Materie nicht nur gottähnlich sein, sondern mit Gott versöhnt, geheiligt, vereint werden.

 

Nun, ein neuer Anfang war gemacht. Bald hätte alles wieder so sein können, wie im Paradies.

Der Leib Christi - Nach der Auferstehung: Maximale Einheit

Gottes Sohn verband sich also untrennbar mit einem menschlichen Leib und einer menschlichen Seele. Unlösbar, untrennbar, aber ohne seine Göttlichkeit einzubüßen oder aufzugeben. Die menschliche Existenz, die Christus zunächst annahm, war der wiederhergestellte paradiesische Zustand, in dem bereits Adam das Licht der Welt erblickte. Mit dieser menschlichen Existenz durchlitt Jesus (diesen Namen gab Gott dem Gottmenschen) an unserer Stelle die Konsequenz der Sünde - um dann dem allen noch die Spitze aufzusetzen: Er erstand vom Tode.

Denn: Gott ist nicht nur gut, er ist besser: Er hatte vor, den Menschen, den er ja schon wunderbar erschaffen hat, noch wunderbarer wiederherzustellen. Aus dem Menschen, den Gott nur ein wenig niedriger erschaffen hat als Gott selbst, aus dem Geschöpf Mensch, sollte nun ein Teil der göttlichen Familie werden. Gott hatte allen Ernstes vor, den Menschen zu adoptieren.

Das kann jetzt nur der verstehen, der weiß, dass Gott bereits zuvor in sich familiär gewesen ist. Ohne den Gedanken der Dreifaltigkeit, der drei in Liebe einander verbundenen Personen Gottes, macht es keinen Sinn, Menschen zu adoptieren. Sie bleiben ja Geschöpfe. Gott wollte aber sein Liebesgeschehen ausdehnen und den Menschen in die Liebe der Dreifaltigkeit hineinnehmen. Die Tür dazu war Jesus Christus - die zweite göttliche Person (neben dem Vater und dem Geist). (Joh 10,7: "Ich bin die Tür!")

Jetzt zeigt sich, wozu der Leib, vereint mit Gott, wirklich fähig ist: Vollkommener Ausdruck der erlösten Seele, Herr über Raum und Zeit (Jesus ging durch verschlossene Türen, er aß Brot und Fisch, erschien an mehreren Orten gleichzeitig - usw.) und Ausdruck vollkommener Liebe.

Das ist der Himmel. Die Vereinigung von Welt und Gott. Diesen Himmel gab es zuvor nicht; er wurde erschaffen mit der Menschwerdung Jesu und "geöffnet" mit der Auferstehung. Diese Metapher des "geöffneten Himmels" findet sich in zahlreichen Gebeten (auch schon im Alten Testament, in den Psalmen zum Beispiel - oder in den letzten Worten des Stephanus) und christlichen Liedern.

Deshalb sprechen wir auch von Christi Himmelfahrt - und auch von der Aufnahme Mariens in diesen Himmel. Denn auch sie war vor jeder Sünde bewahrt und konnte so unmittelbar Anteil an dem erhalten, was ihr Sohn erworben hat.

Allerdings ergibt sich ein kleines, nicht ganz nebensächliches Problem: Dem Menschen war damit noch nicht wirklich geholfen. Die Apostel blieben nach der Himmelfahrt Jesu staunend zurück. Nun waren sie wieder allein. Und noch immer in Sünde.

Der Eucharistische Leib Christi - Gott bleibt mit der Welt verbunden, um mit uns verbunden zu bleiben

Nach der Himmelfahrt Jesu waren die Apostel zwar klüger als zuvor - aber wieder allein, von Gott verlassen. Dachten die Apostel. Aber da waren Gott-sei-dank ein paar Engel, die ihnen die Augen öffneten: Schaut nicht zum Himmel hinauf, der Herr ist doch weiter bei Euch! (Apg 1,11)

Jesus? Mit Leib und Seele in dieser Welt? Na klar. Vermutlich mussten die Apostel nicht lange überlegen, um die Engel zu verstehen. Jesus hatte es ja selbst gesagt: "Das ist mein Leib, das ist mein Blut". Und bei Johannes wird eine lange Rede überliefert, in der sich Jesus ausgiebig dazu äußert (Johannes 6, 30-71). Damals haben nicht nur die Juden, sondern auch viele Jünger Jesus für verrückt gehalten, weil er sich selbst als Brot bezeichnet hat - und haben sich von ihm getrennt. Die Apostel sind geblieben - aber vergessen haben sie diese Rede bestimmt nicht.

Und nun verstehen sie: Jesus gibt auch ihnen die Chance, am Auferstehungsleib Jesu teilzuhaben. Weil er sich nämlich immer wieder neu an diese Welt bindet, sich mit ihr vereinigt und untrennbar und unlösbar Teil der Schöpfung wird. In jeder Feier der Eucharistie geschieht dieses Wunder.

Vorhin habe ich gesagt: Gott hätte sich auch in einen Stein inkarnieren können - der Stein wäre dann ein Mensch geworden, denn so wie der Leib des Menschen von der Seele geformt wird, wird auch der Stein von Gott zum Ausdruck Gottes geformt. Das geschieht nun in der Messfeier.

Die Gott-Mensch-Verbindung in Jesus Christus wird gegenwärtig in einem Stückchen Brot (und einem Schluck Wein - den Wein sollten wir nicht vergessen, auch wenn wir ihn nicht jedesmal erwähnen). Und da der vollkommene Leib-Ausdruck Gottes eben nicht das Brot ist, sondern der Leib und die Seele Jesu Christi, wird das Brot und der Wein zu Jesus.

Es geschieht allerdings noch ein Wunder: Das verwandelte Brot sieht anschließend immer noch aus wie Brot. Mit Absicht.

Durch die Messe werden wir Leib

Denn Gott will gegessen werden. Er will sich auch mit allen anderen Menschen vereinen und sie von innen her umgestalten und vergöttlichen. Er will uns ja adoptieren und in seine Familie der Liebe aufnehmen. Wir alle sollen einmal so werden wie Jesus nach seiner Auferstehung.

Allerdings hat Augustinus schon wunderbar erkannt: "Der Gott, der Dich ohne Dich zu fragen erschaffen hat, will Dich nicht ohne zu fragen erlösen." Deshalb wählt Gott, um uns an dem Himmel teilhaben zu lassen (und vergessen wir nicht: Der Himmel, das ist Jesus!), das Zeichen des Brotes. Ob wir das Brot, das ja in Wirklichkeit der Leib Jesu ist, nehmen und "kommunizieren" (anstatt von "essen" zu reden, benutzen wir Katholiken dieses wunderbare Wort, denn es heißt übersetzt "in Gemeinschaft treten"), ist nämlich ein freier Entschluss. Und auf diese Freiheit kommt es Gott an. Von diesem Entschluss hängt, wie Jesus damals schon den verblüfften Jüngern sagte, unser Heil ab.

Genau genommen: Das Brot isst uns

Augustinus hat es wiederum treffend formuliert: Wenn der Mensch etwas isst, dann baut er das Gegessene in seinen Körper ein. Augustinus spricht davon, dass die Speise "angeglichen" wird.

Nicht so in der Kommunion der Eucharistie: Nicht der Mensch baut den Leib Christi in seinen Körper ein und macht daraus "Leib des Menschen". Sondern Gott heiligt den Menschen (mit Leib und Seele) und "gleicht ihn seinem auferstandenen Leib an". Der Mensch wird durch die Kommunion geheiligt; Jesus-förmig, gottähnlich - kurz: Erlöst.

Und damit wird der Mensch selbst zu einem "Christen" - einem auf Gott hin sichtbaren, transparenten Priester. Gott wirkt durch ihn und bindet sich an diesen Menschen. Die Inkarnation Jesu, begonnen in Bethlehem, zieht immer größere Kreise - vermittelt durch den Leib Christi der Eucharistie werden immer mehr Menschen Bestandteil dieses Leibes.

Durch die Messe werden wir Kirche

Und diese Menschen, die durch Taufe und Kommunion (und freier Mitarbeit mit der dort geschenkten Gnade) immer mehr zum Leib Christi werden, bilden die Kirche. Die Erlösten sind - alle zusammen genommen - Leib Christi. Der Leib Christi ist die Kirche, die Kirche ist Leib Christi. 
Deshalb ist eine Entscheidung, nicht zu dieser Kirche zu gehören, auch eine Entscheidung gegen den Empfang der Eucharistie. Natürlich spielt auch die Würdigkeit eine Rolle, der Glaube an die Gegenwart Jesu im Brot - aber alles entscheidend für die Möglichkeit, zur Kommunion zu gehen, ist der entschlossene Wille, durch die Kirchwerdung und Leibwerdung erlöst zu werden. (Lies dazu die Katechese zur Kirche)

Gottes unwiderrufliche Bindung - unsere einzige Chance

Ich habe noch letzte Woche einen tiefgehenden Briefwechsel gehabt aufgrund einer Predigt, in der ich die - zugegebenermaßen gewagte - These aufstelle, dass derjenige, der nicht zur Messe kommt, kein schlechterer Christ ist - sondern gar kein Christ.
Das ist natürlich in dieser extremen Formulierung nicht ganz korrekt. Christ werden wir durch die Taufe - und bleiben wir auch. Aber unser Christsein muss verwirklicht werden, erneuert und am Leben erhalten (nicht durch uns, das könnten wir gar nicht - sondern durch Christus). Das geschieht in der Messe, in der wir den Leib Christi als "himmlische Speise" erhalten, die in uns die Gnade der Kindschaft erneuert; uns wieder Leib und somit auch Christ werden lässt. Wer das nicht möchte (und seien es auch ganz praktische Gründe, gar nicht so bös gegen Gott gemeint), der wendet sich Stück für Stück von Gott ab und verliert seine Existenz als Leib Christi - wie eine Seele, die sich immer mehr vom Leib löst. Sterben nennen wir diesen Prozess.

"Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, das sage ich euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch." (Joh 6, 53)

Da regen sich natürlich Widerstände. Was ist mit denen, die niemals von der Kirche gehört haben (beispielsweise Urwaldbewohner - oder atheistisch erzogene Kinder aus Leverkusen)? Oder mit Menschen, denen niemals gesagt wurde, dass von der Messe ihr Heil und Leben abhängt? Zum Beispiel mit Moslems und Hindus, aber unter Umständen auch evangelische und protestantische Christen? Sogar Katholiken kann es passieren, dass von dieser Bedeutung der Eucharistie weder Vater noch Mutter, weder Pfarrer noch Erstkommunionkatechet noch Religionslehrer erzählt.

Gott ist gerecht. Und für ihn gilt auch der Grundsatz der Gerechtigkeit, dass derjenige, der das zum Heil Notwendige nicht erreichen KONNTE, dafür auch nicht verantwortlich gemacht werden darf. Aber es geht ja nicht nur um das ewige Heil, dass diese Menschen hoffentlich aus der Barmherzigkeit Gottes empfangen werden - es geht ja auch um das Leben bereits hier auf der Erde. Was entgeht diesen Menschen für Freude, anderen Menschen zum Diener des Heils, zum priesterlichen Freund (und Freundin) und zum zweiten Christus zu werden?

Es bleibt dabei: Gerettet werden können wir Menschen nur durch Jesus Christus. Und die Annahme der Erlösung Christi geschieht, indem wir uns mit dem Leib Christi in der Kommunion so vereinen, dass wir - so wie das Brot auf dem Altar - verwandelt werden.

Wer zur Kommunion geht, nimmt den Himmel in sich auf - und lässt den Himmel in sich aufgehen.

Unsere Zukunft: Leib Christi sein

"Empfangt, was ihr seid: Leib Christi. Damit Ihr werdet, was Ihr empfangt: Leib Christi". Schon wieder ein Wort von Augustinus. Aber es drückt nicht nur das aus, was in der Kommunion geschieht - sondern auch, was unsere Bestimmung ist. Wir erhalten Anteil an der Auferstehung - und werden so sein, wie wir es vom Auferstandenen kennen: An Leib und Seele erlöst und geheiligt. Teil des Herrn.

Und an seiner Stelle haben wir dann Anteil an der Herrlichkeit der Dreifaltigkeit. Wir können es uns nicht wirklich vorstellen, was uns verheißen ist. Kinder Gottes zu sein, so wie der Sohn. Aber - es wird herrlich sein. Unser Leib ist nicht mehr Versuchung, Hindernis und Quelle der Missverständnisse, sondern ganz und gar Ausdruck der Seele. Und Seele und Leib sind ganz und gar Ausdruck unserer Gotteskindschaft. Ach, ich hör hier lieber auf. Schließt einfach die Augen und malt es Euch in den schönsten Bildern, Farben und Klängen aus. Dann öffnet nach ein, zwei Stunden die Augen und sagt Euch: Das, was Ihr Euch vorgestellt habt, ist billiges Stroh gegenüber dem, was wirklich auf Euch wartet.

Zweiter Hauptteil: Die Feier der Eucharistie

Die Gemeinde feiert die Messe ...

Mir fehlen die Worte - vermutlich gibt es gar keine Worte, um das auszudrücken, was schon jetzt in jeder Messe geschieht. Sicher aber kann diese Welt eher ohne die Sonne existieren, als ohne die Feier der Eucharistie. Dazu muss man sie aber feiern! 
Feiern, das heißt, nicht beobachten. Nicht kritisch beäugen. Nicht auf die Fehler der Messdiener, des Organisten oder des Priesters warten. Sondern auf Gott. Und auf seine eigene Stimme...

"Warum die Welt Supermann nicht braucht" - "Die Welt braucht keinen Erlöser". Das hat Supermann ziemlich geärgert. Und weil er seiner lieben Lois beweisen will, dass die Welt anders ist, nimmt er sie mit, hoch über die Wolken, und bittet sie, hinzuhören: "Die Welt ist ein einziger Ruf nach Erlösung".

Wer die Messe wirklich feiern will, sollte zuvor auf den Schrei in seinem Inneren gehört haben - den Ruf nach Erlösung. Manchmal ist dieser Ruf so laut, dass man ihn nicht mehr wahrnimmt. Wer aber diesen Ruf spürt: "Ich möchte leben! O Gott, rette mich!" - der wird die Messe feiern. Feiern in seiner schönsten und emotionalsten Bedeutung des Wortes.

Der Priester liest die Messe

Früher sprach man davon, dass der Priester die Messe liest. Mitte des letzten Jahrhunderts fand man diesen Ausdruck nicht mehr angemessen und sprach ebenfalls vom "Feiern", dann vom "Zelebrieren", dann "Hält" der Priester die Messe, gelegentlich hat man den Eindruck, als würde er die Messe "moderieren".

Okay - insofern, als der Priester auch ein Mensch ist, der Erlösung braucht und empfangen möchte, feiert er die Messe. Ansonsten ist aber der Ausdruck "der Priester liest die Messe" gar nicht so schlecht gewesen.

In den Kinder-Fantasy-Büchern der "Tintenherz"-Trilogie von Cornelia Funke bekommt das Wort "Lesen" nämlich eine ganz neue Bedeutung. "Lesen" heißt dort nämlich im ganz realen Sinn des Wortes "in die Wirklichkeit rufen", "herauslesen", "mit Leben füllen". Ein Vorleser ("Zauberzunge") hat die Begabung, fiktive Personen durch Vorlesen ihrer Geschichten "herauszulesen" - sie nehmen in dieser realen Welt Gestalt an. 
In diesem Sinne liest der Priester die Messe - denn die Worte sind ihm vorgegeben, es sind nicht seine Erfindungen, nicht seine Gedanken. Der Priester liest - weil er eine Vorlage hat: Den Glauben der Kirche. Und der Priester hat durch die Handauflegung des Bischofes die Fähigkeit bekommen, "herauszulesen", d.h. durch das Lesen der uralten Vorlage das, was Gott verheißen hat, mit Wirklichkeit zu füllen. Oder, noch besser, "in diese Wirklichkeit hineinzuholen". Denn Gottes Inkarnation und Erlösung wird nicht wiederholt, sondern durch die Worte des Priesters vergegenwärtigt - auf höchst reale Weise.

Wenn der Priester die Messe wieder lesen würde (und seine Berufung auch so verstehen würde), würde das ihn und anderen entlasten - weil es ja Gott ist, der alles tut.

  • Der Priester braucht die Menschen nicht zu erlösen, indem er besonders viel lächelt und alle freundlich grüßt und anspricht.
  • Der Gottesdienstbesucher braucht sich nicht selbst zu erlösen, indem er verzweifelt bemüht ist, einen heiligen Gedanken zu fassen und mit in seinen Alltag zu nehmen (und bis dahin nicht zu vergessen).
  • Der Organist braucht die Gemeinde ebenso wenig zu erlösen wie die Verantwortlichen für den Blumenschmuck.

Alles das sollte angemessener Ausdruck (!) der Erlösung sein. Ich finde schon, dass Organist, Gemeinde und Priester eine Verantwortung haben, sich dem Geschehen entsprechend zu verhalten und zu Höchstformen aufzuschwingen. Aber Erlösung geschieht nicht dadurch. Sondern durch Gott, der "aus dem Messbuch herausgelesen" (besser: aus der uralten Liturgie der Kirche), durch die Vollmacht des Priesters gegenwärtig wird in Brot und Wein - und den Menschen zum Christen macht, wenn er sich in der Kommunion mit Gott vereint.

Mahl halten

Die Eucharistiefeier ist eine Mahlfeier - weil wir Leib Christi werden, indem wir den Leib Christi essen, der uns im Zeichen des Brotes gereicht wird. 
Genau genommen hat der Ritus der Messe nicht viel von einem wirklichen Mahl. Man sitzt nicht gemütlich zusammen und prostet sich zu, erzählt Geschichten und haut sich den Magen voll. Man geht zum Empfang der Speise in Reihen nach vorne, von einer "Tischgemeinschaft" kann gar nicht die Rede sein. Die Eucharistiefeier, so wie wir sie kennen, ist eine Feier mit einem großen Ernst: Denn um uns zu begegnen, gibt Jesus sich dem Tod preis. Dieses Opfer macht uns im Gottesdienst sprachlos, vielleicht sogar starr vor Ehrfurcht. 
Aber dennoch ist die Messfeier auch ein Mahl; denn Gott kommt zu uns in der Form der Speise. So, wie die irdische Speise den Leib nährt und erhält, so nährt die göttliche Speise den ganzen Menschen: Leib und Seele. Und erhält uns. 
"Essen und Trinken hält Leib uns Seele zusammen!" - So gilt dann, übertragen auf die größere Wirklichkeit: "Leib und Blut Jesu Christi hält Gott und Mensch zusammen!"

Brot und Wein

Im gewandelten Brot ist der ganze Christus enthalten (also sein Leib, sein Blut, seine Seele und seine Göttlichkeit) - im Blute auch. Nun, so könnte man folgern, reicht es doch auch, wenn wir den Wein (und somit das Blut Christi) weglassen.

Immerhin ist das gemeinsame Trinken aus dem einen Kelch auch etwas unhygienisch. Zudem wird Wein nach einer Zeit sauer - das gilt auch für den gewandelten Wein. Aus diesen praktischen Gründen hat die Kirche vor Jahrhunderten beschlossen, dass eine Austeilung nur des Leibes Christi (also des gewandelten Brotes) unkomplizierter und würdiger möglich ist, als der Empfang unter beiderlei Gestalten. 
Warum verzichtet man dann nicht ganz auf den Wein?

Es ist dem Priester verboten, nur Brot oder nur Wein zu konsekrieren. Die Begründung ist zunächst bildlich: Durch die Wandlung von Brot und Wein wird der Tod Christi besser veranschaulicht (Jesus hat sein Blut für uns vergossen! Das vom Leib getrennte Blut verdeutlicht Tod und Sterben Jesu). Zudem ist auch die menschlich-irdische Nahrung erst vollständig, wenn es neben dem Essen auch etwas zu trinken gibt. Die Messfeier soll so symbolisieren, dass Gott uns vollständig und umfassend nährt - auch wenn die Kommunion nur unter der Gestalt des Brotes erfolgt. 
Der tiefere und gewichtigere Grund ist aber der, dass wir versuchen, in allem dem Beispiel Jesu zu folgen - eine Konsekration nur des Brotes wäre ein krasser Bruch zum biblischen Bericht.

Hochzeit! - Die Messe und die Ehe

Jesus selbst betont, dass der Himmel wie ein Mahl ist: Wie ein Hochzeitsmahl. Mehrfach benutzt er diesen Vergleich. Es muss also etwas dran sein.

Es ist auch etwas dran - mehr sogar, als wir denken. Denn in der Eucharistie wird geheiratet: Jesus, der Bräutigam, ehelicht seine Braut - die Kirche. In der Eucharistie geschieht das, was die Ehe ausmacht: Beide werden ein Leib.

Die Ehe ist ein Bund - und ein Bild des Bundes, den Gott mit uns geschlossen hat. Gott bindet sich wie die Eheleute. Es gibt zwar eine Hochzeitsfeier (so wie der Bund mit Gott durch die Tauffeier geschlossen wird), aber die Liebe muss immer wieder erneuert werden (so wie die Taufgnade immer wieder erneuert werden muss durch die Feier der Eucharistie). Und Höhepunkt der Ehe ist die liebende Vereinigung von Mann und Frau - wie die liebende Vereinigung von Gott und Mensch in der Kommunion.

Nun mag es sein, dass zarte Gemüter den Vergleich der "Vereinigung von Mann und Frau in der Ehe" und der "Vereinigung von Gott und Mensch in der Eucharistie" als unwürdig ablehnen. Ich weiß nicht wirklich, warum. Während der eheliche Akt so heißt, weil er den Bund der Ehe mitbegründet und erhält, scheint mir das gleiche für die Kommunion der Eucharistie zu gelten - nur, dass es dabei um den Bund des Heils geht. Ziel ist aber immer, eins zu werden. Aus Liebe. (Diesen Gedanken hat ein junger Familienvater aufgegriffen und seine Ansicht dazu geschrieben:  Sexualität vor Gott.)

Wenn Jesus also vom Hochzeitsmahl redet, dann liegt die Betonung vor allem auf "Hochzeit". Denn das trifft die Eucharistie wirklich. Jesus tritt jedem einzelnen - und seiner Kirche insgesamt - entgegen und fragt: "Willst Du mich lieben, achten, ehren, alle Tage meines Lebens, in Gesundheit und Krankheit, in guten und in bösen Tagen?" Meine Antwort ist die Antwort der Kirche: "Amen. Ich will." Das geschieht in dem kurzen Augenblick der Kommunion. Ein "Amen", das wirklich Heilsbedeutung hat - und sich nur unwesentlich vom "fiat" Mariens unterscheidet.

Bei der Erstkommunion wird mancherorts vielerlei Aufwand betrieben. Viel davon ist unnötig, überflüssig und eher störend. Sehr schön passend ist aber der Brauch, die Kinder wie kleine Brautleute zu kleiden (auch, wenn nur wenige den Sinn begreifen). In der Erstkommunion wird immerhin ein Bund fürs Leben geschlossen.

"Wer tot ist, kann nichts essen" - Die Beichte vor der Messe

Die Eucharistie, die Vereinigung mit Gott, erhält mein göttliches Leben - es wird nicht in der Eucharistie geschenkt. Wer tot ist, kann nichts essen. 
Tot (im Sinne eines nichtvorhandenen göttlichen Lebens) können wir in zweierlei Hinsicht sein: Wenn wir noch nicht getauft sind - oder wenn wir durch schwere Sünde die Taufgnade verloren haben. Also gilt: Erst Taufe (bzw. Beichte) erwecken in uns das Leben, das in der Eucharistie erhalten, genährt und geheilt wird. 
So können wir sehr wohl nach einer leichten Sünde (der sogenannten "lässlichen Sünde") zur Kommunion gehen und uns sicher sein, dass diese Sünden vergeben werden. Auch im irdischen Leben sind gutes Essen Vorraussetzungen für Heilung von Krankheit und Verwundungen. 
Eine Todsünde aber, die die lebendige Beziehung zu Gott hat sterben lassen, bedarf der besonderen Gnade des Beichtsakramentes.

Verschiedene Namen

Außenstehende sind manchmal von der Vielzahl von Bezeichnungen verwirrt. Da ist die Rede von der Eucharistie, manche sprechen von der Kommunion, der Krankenkommunion oder auch Erstkommunion, meistens wird sie als Messe bezeichnet, gelegentlich aber auch als Abendmahl oder Wegzehrung...

Im Grunde meinen diese Begriffe immer das Gleiche - es werden nur verschiedene Aspekte hervorgehoben.

  • Eucharistie heißt übersetzt "gute Gnade" - oder "Danksagung". - Gute Gnade, weil es keine größere und schönere Gnade gibt, als Gott zu lieben, von ihm geliebt zu werden und mit ihm eins zu werden. Danksagung ergibt sich daraus: Die Feier der Eucharistie ist ein großer Dank für diese Gnade.
  • Kommunion meint Gemeinschaft und Teilhabe. Zunächst Gemeinschaft mit Gott: So schreibt Paulus: "Ist der Kelch des Segens, über den wir den Segen sprechen, nicht Teilhabe ("communicatio") am Blut Christi? Ist das Brot, das wir brechen, nicht Teilhabe ("communicatio") am Leib Christi?" (1 Kor 10, 16) 
    Kommunion meint aber auch Gemeinschaft unter den Mitfeiernden: "Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn wir alle haben teil an dem einen Brot." (1 Kor, 10, 17)"
  • Heilige Messe ist zwar der gebräuchlichste Begriff, aber beruht zunächst auf einem Missverständnis. Am Ende der Eucharistiefeier entlässt der Priester die Gemeinde mit dem Gruß: "Gehet in in Frieden". Im lateinischen Original heißt es: "Ite, missa est", was soviel bedeutet wie "Geht, Ihr seid gesandt!" oder, noch wörtlicher: "Geht, es ist Aussendung!" 
    Der lateinisch ungebildete Messbesucher hat daraus seine eigene Übersetzung gebastelt: "Gehet, die Missa ist beendet." (Ite, missa est finita) - und hat daraus gefolgert, das Geschehen zuvor hieße "Missa" - Messe. 
    Aber so ganz falsch liegt diese Fehlübersetzung nicht - sonst wäre der Begriff nicht in den offiziellen Wortschatz der Kirche übernommen worden. Denn die Messe ist tatsächlich eine große Austeilung: Zuerst werden die Christen in der Eucharistie durch die Kommunion gewandelt und gestärkt - und dann an die Welt "ausgeteilt". Messe - mettere - Sendung, Mission: Das ist ein sinnvoller Aspekt.
  • Wegzehrung: So wird die Messe bzw. die gewandelte Hostie bezeichnet, wenn sie einem Schwerkranken oder Sterbenden gereicht wird. "Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag." (Joh 6, 54) So wird dem Sterbenden seine Zuversicht auf die Auferstehung gestärkt. 
    Aber auch für uns alle, die wir uns bester Gesundheit erfreuen und noch nicht ans Sterben denken, ist die Eucharistie eine Wegzehrung. Denn das himmlische Hochzeitsmahl liegt noch in weiter Ferne. Auf dem Weg dorthin ist die Eucharistie uns Wegzehrung - Reise-Speise. Wie schon das Manna für die Israeliten auf ihrem Weg durch die Wüste.
  • Abendmahl erinnert uns vor allem an die erste Eucharistiefeier, die Jesus mit seinen 12 Aposteln gefeiert hat. Das geschah am Abend und als Mahl. 
    Die Kirche hat aber sehr früh die Feier des Abendmahls auf den Zeitpunkt der Auferstehung verlegt - also frühmorgens. Nur am Gründonnerstag hat sie über Jahrhunderte den Zeitpunkt des Abendmahles beibehalten - und am Gründonnerstag spricht sie auch noch davon: Sie lädt zum Abendmahlsgottesdienst ein. 
    Ansonsten bezeichnet nur die evangelische Kirche ihre Mahlgottesdienste als Abendmahl.

Empfohlene Dosierung: Einmal täglich vor den Mahlzeiten

Der Besuch der Messe bildete für alle Christen zu allen Zeiten den Kern des Sonn- und Feiertags und war daher ein selbstverständliches Bedürfnis. In der Urgemeinde war es noch üblich, täglich die Messe zu feiern (Apg 2, 42). Wenig später ging die Meinung darüber, wie oft man dabei den Leib Christi empfangen darf - oder soll - allerdings in die entgegengesetzte Richtung.

Das lag vor allem daran, dass man vor dem Kommunionempfang gebeichtet haben sollte. (Dass das Gebot der Beichte nur für die galt, die sich einer schweren Sünde bewusst waren, spielte oft keine Rolle). 
Außerdem gab es die Tradition, vor dem Kommunionempfang nüchtern zu sein. Das Nüchternheitsgebot bedeutete, dass man mindestens ab Mitternacht (in der Nacht zuvor) bis zur Messe nichts essen und nichts trinken durfte. (Das Gebot gibt es heute auch noch - aber es beschränkt sich auf eine Stunde vor Beginn der Messe). 
Als letzte Hürde gab es den Brauch, dass Eheleute in den Tagen vor der Messfeier keinen Geschlechtsverkehr miteinander haben sollten. 
Alles das führte dazu, dass man lieber auf den Kommunionempfang verzichtete - welche der drei genannten Hürden dabei ausschlaggebende war, mag offen bleiben.

Als der Kommunionempfang immer seltener wurde (nicht der Messbesuch!), ordnete Papst Fabian an, dass man mindestens dreimal im Jahr die Kommunion empfangen sollte: Jeweils einmal an Weihnachten, an Ostern und an Pfingsten. Als allerdings der Kommunionempfang sogar über Jahre hinweg hinausgeschoben wurde, ordnete das Laterankonzil an, dass man mindestens einmal im Jahr die Kommunion empfangen sollte. Wer dieser Pflicht nicht nachkam, wurde aus der Kirche ausgeschlossen. 
Das Konzil von Trient dagegen hat den täglichen Empfang des Leibes Christi empfohlen.